Der Schriftsteller als Fotograf

In Lübeck ist derzeit eine interessante Ausstellung mit Aufnahmen von Arno Schmidt zu sehen

  • Lutz Gallinat, Lübeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Waldränder, Kornfelder, Dorfstraßen, Wolkengetümmel: Im Günter Grass-Haus in Lübeck werden derzeit Fotografien des Schriftstellers Arno Schmidt (1914-1979) gezeigt.

Der Schriftsteller Arno Schmidt (1914-1979) war nicht nur ein berühmter Dichter, sondern auch ein begnadeter Fotograf. Mit dem Preisgeld seines ersten Literaturpreises erwarb Arno Schmidt eine Rollfilmkamera. Diese legendäre »Box« benutzte er als Werkzeug wie ein Maler seinen Zeichenstift, um Landschaften, Personen und Objekte einzufangen und seine persönliche Lebenswelt zu dokumentieren. In den Ausstellungsräumen im Günter Grass-Haus in Lübeck können sich die Interessenten in einer Leselounge intensiv mit dem Opus Arno Schmidts befassen.

Unter den Fotografien, die Arno Schmidt aufgenommen hat, nehmen die Landschafts- und Naturfotografien einen exzeptionellen Rang ein. Sie entstanden zunächst als Schwarz-Weiß-Aufnahmen, später dann, als Schmidt durch den Freund Wilhelm Michels den praktischen Umgang mit Farbdias kennenlernte, zunehmend als Farbaufnahmen. Fotografien verwendete der Autor von »Zettel's Traum« bei der Konzeption seiner Gedankenspiele als Gedächtnisstütze, Ideensammlung und unbedingt notwendige Realitätspartikel für seine schriftstellerische Tätigkeit. Nach und nach entwickelten sie sich von flüchtigen Schnappschüssen zu bewusst komponierten Aufnahmen, die mit den dichten Beobachtungen in Schmidts Texten korrespondieren.

Die Schmidt-Ausstellung ordnet sich in das Konzept des Günter Grass-Hauses ein, neben dem Opus seines Namensgebers auch andere mehrfach begabte Künstler in Teilaspekten zu präsentieren. Das Spektrum der bisherigen Ausstellungen wird mit dieser Schau um die Kombination von Fotografie und Literatur ergänzt.

Zwischen dem Opus von Arno Schmidt und dem von Günter Grass gibt es neben dem Blickwinkel der sogenannten »Doppelbegabung« noch weitere Gemeinsamkeiten: Der um dreizehn Jahre jüngere Grass fügt sich in eine ähnliche literarische Traditionslinie ein wie Arno Schmidt. Beide wurden sehr durch das Werk Alfred Döblins beeinflusst. 1964 hielt Günter Grass sogar die Laudatio bei der Verleihung des Fontane-Preises an Schmidt.

Zudem haben sich beide Autoren intensiv mit dem Medium der Fotografie beschäftigt. Günter Grass tat dies unter anderem im »Fotoalbenkapitel« der »Blechtrommel« und in der »Box«.

Fotos von Arno Schmidt, 8. Juli bis 2. Oktober, Günter Grass-Haus, Glockengießerstraße 21, 23552 Lübeck; www.grass-haus.de

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