Ein Arkadien für die Akademie

1902 kaufte Sudermann Schloss und Park Blankensee, heute ist es Tagungsstätte

  • Cornelia Höhling
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Entdeckungsreise mit Bus und Bahn zu märkischen Schlössern und Herrenhäusern
»Es ist wirklich ein südliches Stück Welt«, schwärmte Hermann Sudermann (1857-1928) von seinem Schloss in Blankensee. Der zu Lebzeiten erfolgreiche Schriftsteller meinte, hier »eigentlich ganz und gar in Italien« zu leben. Dabei liegen Schloss, Park und See gerade einmal 60 Kilometer südlich von Berlin. Zufluchtsort und Refugium war und ist es trotzdem: Zur Zeit Friedrich Wilhelms I. (1688-1740) noch kursächsische Enklave, suchten sich hier vor allem Flüchtlinge und Deserteure dem Zugriff durch Preußens Soldatenkönig zu entziehen.
Das Herrenhaus von Blankensee wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts für das sächsische Adelsgeschlecht derer von Thümen gebaut, das an diesem Ort schon vierhundert Jahre ansässig war. 1902 kaufte Sudermann das inzwischen hoch verschuldete Landgut und schuf sich sein Arkadien. Bereits mit dem Wiener Kongress von 1815 war der Landstrich der Mark Brandenburg zugefallen. Heute residiert die Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) auf dem Schloss. »Es ist nicht nur eine Tagungsstätte für unsere eigenen Workshops und Seminare, Klausuren, Diskussionsrunden oder andere Veranstaltungen«, sagt Leiterin Freia Hartung. »Wir stellen den fast 100 Quadratmeter großen Vortragssaal und kleinere Konferenzräume und -technik sowie die 16 Appartements mit gastronomischer Betreuung auch anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen zur Verfügung.« Damit hat die Wissenschaft in der Idylle des Landkreises Teltow-Fläming Heimstatt gefunden.
Als Stätte des wissenschaftspolitischen und gesellschaftlichen Dialogs erfüllt Schloss Blankensee nach sieben Jahrzehnten Irrungen und Wirrungen nun doch noch fast das Vermächtnis des einstigen Hausherren. Denn Sudermann wollte das Anwesen gemeinnützigen Zwecken zugeführt wissen. In seinem Testament verfügte er, Schloss Blankensee als Zufluchtsstätte für kranke und bedürftige Schriftsteller zu nutzen. Angesichts zu rasch versiegender Einkünfte konnte jedoch die 1929 gegründete Hermann-Sudermann-Stiftung sein Vermächtnis nicht erfüllen. Nach dem zweiten Weltkrieg blieben Schloss und Park Stiftungseigentum, was sie aber nicht von Plünderungen verschonte. In DDR-Zeiten diente das Haus als Schulgebäude, Kindergarten und schließlich als Bürgermeisterbüro. Seit 1958 steht das Schloss unter Denkmalschutz, seit 1975 auch der Park.
Den Landschaftsgarten, der wahrscheinlich auf einen Lennéschen Entwurf zurückging, hatte Sudermann in einen Architekturgarten umgeformt. Dazu brachte er allegorische Figuren, Kaiserbüsten und Marmorsäulen von seinen Italienreisen mit. Der in Ostpreußen geborene Sohn eines Bierbrauers, der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen war, gehörte im ausgehenden 19. Jahrhundert zu den meistgelesenen und -gespielten deutschen Autoren. Auf der »hübschen, alten Klitsche«, wie er den Landsitz nannte, den er um Ost- und Westflügel mit Gärtnerhaus erweiterte, wollte er sich von den Wonnen des Berliner Theaterlebens erholen.
»Als uns 1994 Schloss und Park übereignet wurden, forderte ihr maroder Zustand erhebliche Investitionen«, erinnert sich Dr. Wolfgang Illert, Geschäftsführer der vor zehn Jahren gegründeten Brandenburgischen Schlösser GmbH (BSG) mit Sitz in Potsdam. Knapp vier Millionen Euro wendete die Stiftung für die Sanierung und Restaurierung des Altbaus auf. Weitere zwei Millionen Euro flossen in den Park. Der Eigentümer, der auch für den offensichtlich gewollt funktionalen neuen Anbau an der Ostseite verantwortlich zeichnet, in dem Küche und Gästezimmer untergebracht sind, freut sich über den Nutzer BBAW. »Nicht alle der BSG anvertrauten 14 Objekte haben schon eine neue Bestimmung gefunden«, klagt Illert. Die Akademie hat das Schloss Blankensee, das in Fontanes Wanderungen »im Thümenschen Winkel« auftaucht, seit September 1998 angemietet.

Schloss Blankensee, Dorfstr. 1, 14959 Blankensee, Tel: (033731)2308-0, Fax: -43, Internet: www.bbaw.de/blankensee Blankensee erreicht man von Berlin mit dem RE4, der stündlich nach Trebbin fährt. Von da acht Kilometer mit dem Bus oder per Fahrrad Sehenswert auch das Bauernmuseum in Blankensee, Dorfstr. 4, Tel/Fax (033731)80011, geöffnet Mi-Fr 10 bis 12 und 13 bis 17 Uhr, Sa-So 13 bis 17 Uhr Infos auch unter www.reiseland-brandenburg.de, e-Mail: hotline@reiseland-brandenburg.de, Te.: (0331)2004747 oder beim Tourismusverband Teltow-Fläming e.V., Zinnaer Straße 34, 14943 Luckenwalde, Tel.: (03371)6435-35, Fax -39, e-Mail: info@reiseregion-...

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