Die Kathedralen des Kapitals

Shopping-Malls verbreiten überall in Polen die Illusion der heilen Konsumwunderwelt

  • Tomasz Konicz, Warschau
  • Lesedauer: ca. 7.0 Min.

Polens größte Shopping-Malls wirken oftmals wie monströs-monumentale Objekte aus einer anderen Welt. Diese Kathedralen des Kapitals verharren in feindlicher Beziehungslosigkeit zu ihrer urbanen Umgebung, sind gegenüber der Außenwelt abgeschirmt und nach innen gerichtet – obwohl sie doch die Massen anziehen sollen.

Was die Massen tatsächlich anzieht, ist die Illusion der heilen Konsumwunderwelt innerhalb der Malls, die auch in dieser Hinsicht im krassen Kontrast etwa zu den Plattenbausiedlungen stehen, an deren Peripherie sie oftmals errichtet wurden. Der Besucher findet unter seinen Füßen nicht mehr die zersprungenen Betonplatten seiner Siedlung, sondern polierten Marmor, während um ihn herum in Dutzenden und gar Hunderten kleineren oder größeren Geschäften und Boutiquen die Marken- und Warenwelt ihre illusionäre Vielfalt entfaltet.

Das Konzept der Shopping-Malls – teilweise ins Gigantische ausartende Einkaufszentren, unter deren zumeist überglasten Dächern eine sterile Vorspiegelung öffentlichen Lebens aufgeführt wird – fand nach der Systemtransformation auch in Osteuropa rasch Verbreitung. Die durch die Schocktherapie in Polen ausgelöste Desintegration des zentralistisch organisierten und staatlich kontrollierten Einzelhandels beförderte di...


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