Gaddafis »Söldner«

Frente Polisario weist Vorwürfe zurück

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Angeblich sollen 556 Söldner der Frente Polisario für den früheren Machthaber Muammar al-Gaddafi in Libyen gekämpft haben, so der Übergangsrat in Tripolis. Man habe die Männer zusammen mit Hunderten afrikanischer Söldner festgenommen und in Bengasi inhaftiert.

Glaubt man dem Übergangsrat, seien die Kämpfer in der Stadt Zawiyah und in Bab Al-Aziziya festgenommen worden. Letzteres war die frühere Gaddafi-Residenz, die von der NATO für die Rebellen sturmreif bombardiert wurde. Der Einsatz von Polisario-Kämpfern gehe auch aus Unterlagen der algerischen Botschaft in Tripolis hervor, die am 22. August von den Truppen des Übergangsrates gestürmt worden ist. Algerien habe Gaddafi massiv unterstützt – was dort aber zurückgewiesen wird.

Auch die Regierung der Sahrauischen Republik Westsahara sprach von »Lügen«, die absichtlich von der marokkanischen Presse verbreitet würden, um dem Freiheitskampf der Sahrauis zu schaden. »Kämpfer der tapferen Sahrauischen Befreiungsarmee haben nicht an Kämpfen außerhalb der Grenzen der Sahrauischen Republik teilgenommen und werden nicht daran teilnehmen«, hieß es in der Erklärung, die von der sahrauischen Nachrichtenagentur SPS verbreitet wurde. Seit 1982 habe Gaddafi die Unterstützung für die Polisario eingestellt, 1984 dann mit dem Königreich Marokko die Arabisch-Afrikanische Union gebildet. Er habe Marokko mit Geld und Waffen gegen das sahrauische Volk unterstützt. Man fordere eine »dringende unabhängige Untersuchung der Anschuldigungen«, die vom Übergangsrat zurückgenommen werden müssten.

Berichte über Söldner Gaddafis halten sich seit Beginn der Unruhen in Libyen hartnäckig. So sollen aus Niger, Tschad, Mali, Sudan, aus der Demokratischen Republik Kongo, aus asiatischen Staaten und sogar aus osteuropäischen Staaten bis zu 10 000 Söldner in Libyen gewesen sein. Ein hochrangiger NATO-Offizier bestätigte den Einsatz der Frente Polisario schon im April, wie das Marokkanisch-amerikanische Zentrum für Politik berichtete. »Hunderte Polisario-Kämpfer könnten ohne Hilfe Algeriens« nicht nach Libyen gelangen, hieß es in einer Presseerklärung. Algerien hatte gemeinsam mit Syrien gegen einen NATO-Einsatz in Libyen gestimmt. Marokko, das mit den USA enge militärische Beziehungen pflegt, stimmte dafür.

Handfeste Beweise für »afrikanische Söldner« im Dienste von Gaddafi gebe es nicht, sagt Mohammad Ballout, der als Reporter für »BBC Arabisch« aus Libyen berichtet. Einmal habe man ihn in ein Gefängnis in Bengasi gebracht, wo angeblich »afrikanische Söldner« gefangen gehalten wurden, sagte Ballout gegenüber der Autorin. Doch die hätten ihm gesagt, sie seien Vertragsarbeiter gewesen. Beim Versuch, aus Libyen zu fliehen, seien sie festgenommen worden. Auch diese Darstellung könne er nicht bestätigen; allerdings habe er nirgends »afrikanische Söldner« im Einsatz gesehen.

Gaddafi habe nie wirklich über eine traditionelle Armee verfügt, so Ballout weiter. Er habe auf seine Familie, seinen Stamm und befreundete Stämme vertraut. In den letzten Jahren seien zudem viele im Süden Libyens lebende Schwarzafrikaner in den militärischen Dienst eingetreten, weil es dort wenig Arbeitsmöglichkeiten gegeben habe. Das bestätigte auch die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Bei 156 in Bengasi festgenommenen »afrikanischen Söldnern« habe es sich um solche schwarze Libyer gehandelt.

1977 verabschiedete die Afrikanische Union eine Konvention über das Ende des Söldnertums in Afrika, die jedoch bisher ohne Erfolg blieb. Und auch die Truppen des Nationalen Übergangsrats in Libyen kämpfen mit Unterstützung von »Söldnern« aus britischen, französischen, amerikanischen und anderen Geheimdiensteinheiten oder privaten Sicherheitsfirmen.

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