Finanzkrise: Zugestimmt wie gewünscht

Die Regierung streitet über die Euro-Rettung – dennoch wird gemeinsam votiert

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.
Die finanzielle Erweiterung des sogenannten Euro-Rettungsschirms EFSF wurde gestern im Kabinett beschlossen. Doch Streit gibt es weiterhin.
Mit einem Großplakat protestierte die Linkspartei am Mittwoch vor der Deutschen Bank in Berlin gegen das Krisenmanagement der Bundesregierung. Verursacher und Profiteure der Krise würden geschont, sagte gestern der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst. Ihm zufolge wird die »Euro-Krise zum Staatsstreich der Finanzmärkte, und die Bundesregierung spielt mit«. Die LINKE lehne eine Transferunion für Banken ab. Notwendig sei unter anderem eine EU-weite Vermögensabgabe.
Mit einem Großplakat protestierte die Linkspartei am Mittwoch vor der Deutschen Bank in Berlin gegen das Krisenmanagement der Bundesregierung. Verursacher und Profiteure der Krise würden geschont, sagte gestern der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst. Ihm zufolge wird die »Euro-Krise zum Staatsstreich der Finanzmärkte, und die Bundesregierung spielt mit«. Die LINKE lehne eine Transferunion für Banken ab. Notwendig sei unter anderem eine EU-weite Vermögensabgabe.

Künftig soll es möglich sein, Anleihen europäischer Krisenländer aufzukaufen, vorsorglich Kredite zu vergeben und Staaten Geld zur »Stabilisierung ihrer Banken« bereitzustellen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) machte jedoch deutlich, dass Kredite »nur im Gegenzug für ein striktes wirtschaftliches Reformprogramm« vergeben würden. Was darunter zu verstehen ist, darüber dürfte wenig Zweifel bestehen. Klaus Ernst (LINKE) sagte der Kanzlerin, die Vertreter aller Fraktionen eingeladen hatte, Griechenland solle nicht Sozialleistungen, sondern Rüstungsausgaben reduzieren.

Mehr und mehr hat man den Eindruck, als tobten in der Koalition grundsätzliche Streitigkeiten. Die Bundeskanzlerin strebt, anders als die profilierungssüchtige Ursula von der Leyen (CDU), nur eine stärkere Abstimmung zwischen den Euro-Staaten an. Der frühere Unions-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz schlägt vor, Griechenland aus der Euro-Zone auszuschließen. Der CSU ist alles viel zu europäisch. Den Mund verboten hat Fraktionschef Volker Kauder (CDU) mittlerweile seiner Kollegin von der Leyen, die vorgeschlagen hatte, Kredite an Euro-Länder nur gegen Sicherheiten zu vergeben. Detlev von Larcher (Attac) übte heftige Kritik an einem solchen Vorhaben: »Wer so etwas macht, hat ganze Staaten in der Hand. Das ist ein fast schon neoimperialistischer Vorschlag.«

Ob es bei künftigen Entscheidungen eine stärkere Beteiligung des Parlaments geben soll, wurde gestern nicht festgelegt. Jahrelang war man nicht unzufrieden mit den Ritualen der Demokratie: Die Regierung entscheidet, die Opposition darf auch was sagen. Dass man in den Regierungsparteien nun das Mitspracherecht des Bundestags entdeckt und seine Mitwirkung verlangt, könnte der Versuch sein zu verschleiern, dass dem Parlament wichtige Entscheidungsbefugnisse längst entzogen worden sind.

Das Parlament, sagte Rainer Brüderle (FDP), müsse sich nicht mit sämtlichen diesbezüglichen Fragen befassen. Anders gesagt: Dass die Abgeordneten nichts oder wenig von dem verstehen, worüber sie abstimmen, schadet nicht, solange sie wie gewünscht abstimmen. Und das tun die SPD und die Grünen. Vertreter beider Parteien forderten zwar gestern zum wiederholten Mal erfolglos die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, gegen die man sich in den Regierungsparteien nach wie vor sträubt. Dass er jedoch nicht gleich den Kapitalismus abzuschaffen gedenkt, machte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel deutlich, indem er der Kanzlerin wie ein Schulbub nachplapperte: Merkels Politik sei im Interesse der Bundesrepublik notwendig. »Deswegen wollen wir dieses Programm mittragen.« Die LINKE hingegen will die Reichen besteuern. Es werde zu wenig auf die Ursachen der Krise eingegangen, nämlich die Abhängigkeit der Staatshaushalte von den Finanzmärkten, sagte Parteichef Klaus Ernst.

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