Öffentliches Interesse

E-MAIL-Verkehr: »taz« gewinnt Rechtstreit

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

Die »taz« darf weiterhin gegen den Willen eines Burschenschaftlers relevante Auszüge aus dessen E-Mail-Verkehr veröffentlichen. Das entschied das Landgericht Braunschweig Mitte letzter Woche in erster Instanz. Rudolf Sch., der als »Alter Herr« mit der ultrarechten Burschenschaft »Karlsruher Burschenschaft Tuiskonia« verbunden ist, wollte der Zeitung per Einstweiliger Verfügung verbieten lassen, aus seinem E-Mail-Verkehr zu zitieren. Er sehe sich durch die Veröffentlichung in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, argumentierte er. Zumal in den Mails deutlich gemacht worden sei, dass sie nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sind.

Bei dem Schriftwechsel ging es nicht um persönliche Dinge, sondern um eminent politische Fragen. Mehrere Burschenschafter vom rechten Flügel, darunter der Kläger, berieten über Möglichkeiten, im Dachverband »Deutsche Burschenschaften« die Macht an sich zu reißen und den in ihren Augen zu liberalen Vorstand zu entmachten.

Dabei fielen auch politisch eindeutige Aussagen: »Durch die von den Siegermächten eingesetzten Medien-Macher (….) und durch den von den 68ern erfolgten Umdeutungsversuch aller traditionellen Werte soll gerade beim deutschen Volk erreicht werden, dass es statt natürlichem Stolz und Nationalbewusstsein (…) Schuld- und Scham-Gefühle entwickelt.«

»Gerade der exklusive Verschwörungsgehalt, mit dem bewusst eine Übernahme des Verbands durch rechte Gruppen geplant wurde, unterstreicht die Relevanz«, rechtfertigt die »taz« die Veröffentlichung der Mailinhalte gegen den Willen der Verfasser. Das Landgericht Braunschweig folgte nach einer mündlichen Verhandlung dieser Auffassung. Es bestehe ein öffentliches Interesse daran, über den Vorgang zu berichten. Weil der Kläger hinreichend anonymisiert wurde, sei er nicht in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, weil der Schreiber der Mails weitere juristische Schritte einleiten kann. Sollte sie auch in den höheren Instanzen bestand haben, kann sie nach Meinung von Juristen auch Auswirkungen auf ähnliche Fälle bei anderen Medien haben.

Mittlerweile hat der Kläger auch Probleme mit seinen Arbeitgeber. Die Volkswagen-AG hat ihm verboten, solche Mails künftig weiterhin mit dem Account des Unternehmens zu versenden.

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