Kaufen und dicht machen

Kampf um Papierfabrik

  • Gesa von Leesen
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie haben Überstunden geschoben, auf Weihnachtsgeld verzichtet – und nun soll ihr Werk geschlossen werden. Die 560 Beschäftigten der Papierfabrik Albbruck nahe der Schweizer Grenze kämpfen in diesen Tagen um das Überleben ihres Betriebes. Nachdem der finnische Konzern UPM das Werk Anfang 2011 übernommen hat, will er es nun dicht machen. Insgesamt sind durch die »Restrukturierungspläne« des Konzerns 1170 Arbeitsplätze in der Papiersparte betroffen. Neben den 560 Männern und Frauen im hochrheinischen Albbruck bangen weitere 125 UPM-Beschäftigte in Bayern und im Emsland um ihre Arbeit. In Finnland soll ein Werk mit 420 Beschäftigten geschlossen, in Straßburg eines mit 260 Mitarbeitern verkauft werden. Für die Betroffenen sei das »außerordentlich bedauerlich«, lässt der Konzern (24 000 Mitarbeiter, rund zehn Milliarden Euro Jahresumsatz) verlauten. Doch nur so seien Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit beim Magazinpapier zu verbessern.

Der Kauf des heimischen Konkurrenten Myllykoski (zu dem auch das Albbrucker Werk gehörte) Ende 2010 hat UPM mächtig genug gemacht, um den Papiermarkt zu verändern. Insgesamt geht es der Branche zwar sehr gut, doch bei Zeitungs- und Magazinpapier gibt es Überkapazitäten – und die baut UPM nun ab, um anschließend höhere Preise erzielen zu können.

In Albbruck formiert sich nach dem ersten Schock der Widerstand. Im Internet wird für den nächsten Freitag für eine Großdemo in der 7300-Einwohner-Gemeinde mobilisiert – daran werden sicherlich auch die elf Azubis teilnehmen, die zwei Tage vor Ankündigung der Schließung ihre Lehre begonnen haben.

Die 1882 gegründete Papiermühle ist einer der größten Arbeitgeber in der Region und »das Herz des Ortes«, wie Bürgermeister Stefan Kaiser (parteilos) sagt. Die IHK hat ausgerechnet, dass an der Fabrik weitere 1000 Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region hängen. Gewerkschaftssekretärin Kerstin Meindl (IG BCE) will gemeinsam mit dem Betriebsrat für den Erhalt des Betriebes kämpfen und hofft dabei auch auf die Politik. Der Vorsitzende der baden-württembergischen CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, versprach vor Ort Unterstützung. Die Bundestagsabgeordneten der LINKEN, Karin Binder und Michael Schlecht, sehen in der angekündigten Schließung »die Auswirkungen des ungebremsten Kapitalismus« und fordern Landes- und Bundesregierung auf, sich für den Erhalt der Papierfabrik einzusetzen. Für den 23. September hat der Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Nils Schmid (SPD), eine Standortkonferenz in Albbruck angekündigt. Er wolle sich nicht »sang- und klanglos« mit der Schließung der Mühle abfinden, so Schmid.

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