Rocken für Rekruten

Die Bundeswehr wirbt in Gera mit einem Bandwettbewerb für den Dienst an der Waffe

  • Björn Rank, Gera
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit Preisgeldern und einer großen Bühne lockt die Bundeswehr Nachwuchsbands nach Gera, um sie für ein besseres Image der Truppe rocken zu lassen – die spätere Berufswahl Soldat ist durchaus erwünscht.

»...so schlimm finde ich es gar nicht. Es ist eine Alternative, letztendlich bieten sie 'ne Chance auf eine Ausbildung.« So bezieht eine Mutter Stellung auf die Frage, ob sie nicht der Meinung sei, dass die Naivität ihrer 13-jährigen Tochter von der Bundeswehr ausgenutzt wird. Die spielt nämlich in der Mädchenband »Rockspider«, die extra aus Weimar angereist ist, um am »Open Air Schulband Contest« der Bundeswehr in Gera teilzunehmen. »Die Bundeswehr schützt doch unser Land«, sagt sie weiter und das sei schließlich eine ehrenvolle Aufgabe. Auf den Hinweis hin, dass die Bundesrepublik doch seit Generationen nicht angegriffen wurde, antwortet sie recht schnell: »Das liegt nur daran, dass wir eine Bundeswehr haben«. Diese Logik erschließt sich nicht – welche Antwort wäre gekommen, wenn ich stattdessen nach Atomraketen gefragt hätte?

Insgesamt 2500 Euro hat die Bundeswehr als Preisgeld zur Verfügung gestellt, um die Bands aus der Region anzulocken. Ein Schelm, der Böses dabei denkt oder gab es etwa Bedenken, dass sich sonst keine Band meldet? Im Großen und Ganzen dürfte der Tag so viel kosten, wie der gestrichene Jahresetat eines Geraer Jugendklubs.

Es ist ein sehr befremdliches Bild, das sich am Mittwoch da mitten in der Stadt bietet. Umringt von Spähpanzern Modell »Fuchs«, einem Schießstand und dem Infozentrum haben sich schon ein paar Jugendliche vor der mobilen Bühne eingefunden. Um 14 Uhr nachmittags geht's los. Die Jungs der Band »Hellvean« sind 15 und haben durchweg lange Haare. Auf die Frage hin, wie man darauf kommt, bei einem Bandcontest der Bundeswehr teilzunehmen, haben die Jungs eine recht einfache Antwort: Man bekommt die Infos von der Schule. Ein Schlauer Schachzug, da werden 13- bis 15-Jährige zu Werbeträgern einer Armee gemacht, ohne es zu wollen. »Natürlich hat das auch einen werblichen Charakter«, stimmt Oberstleutnant zur See, Herr Fischer, zu. Es soll aber natürlich auch eine Förderung von Talenten sein. Eine Beeinflussung kann er nicht erkennen, denn es wird an diesem Tag ja niemand eine Verpflichtungserklärung unterschreiben.

Die Band »Skilltheaven« zum Beispiel, sieht ihr Kommen ganz anderen Umständen geschuldet. Während ihr Sozialkundelehrer die Bundeswehr gar nicht so kritisch sieht, sagen die Jungs: »Man kann mal auf professioneller Technik, vor ein paar Leuten und auf einer richtigen Bühne spielen, von 1000 Euro Preisgeld für den 1. Platz mal ganz abgesehen.«

Natürlich sind auch Kriegsgegner unterwegs, zum Beispiel die »Friedensinitiative Gera« des DGB. Etwa sechs Personen stark und mit kleinem Lautsprecher ausgerüstet, haben sie es schwer gegen den Showtruck. Dennoch sieht die Bundeswehr anscheinend Konfliktpotenzial und so wird nach kurzer Verhandlung mit dem Ordnungsamt ein wenig mehr Platz zwischen den wenigen Konzertzuschauern und den Demonstranten geschaffen.

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