Im Glashaus

Standpunkt von Olaf Standke

  • Lesedauer: 1 Min.

Ein bisschen ist es so, als würden sich die sprichwörtlich Lahmen und Blinden gegenseitig Vorwürfe machen. Zum wiederholten Male hat Barack Obama jetzt die Europäer für ihr katastrophales Euro-Krisenmanagement an den Pranger gestellt. Zu spät, zu langsam, zu mutlos hätten sie auf die Finanzkrise von 2007 reagiert, die Folgen ängstigten nun die ganze Welt. So recht der USA-Präsident in vielen Punkten hat, so seltsam mutet die selbstgerechte Schuldzuweisung an, wenn man weiß, wie groß der Anteil der über Jahrzehnte sorg- und verantwortungslos agierenden Schuldensupermacht am globalen Wirtschafts- und Finanzdesaster ist und wie nah die Regierung der weltweit größten Volkswirtschaft wieder am Pleiteabgrund taumelt.

Ein Finanzkollaps konnte gerade noch einmal abgewendet werden, nachdem sich Demokraten und Republikaner im Kongress mühsam auf einen erneuten Übergangsetat geeinigt haben. Doch darüber, wie die gewaltige Schuldenlast von über 14 Billionen Dollar – das sind mehr als 90 Prozent der Wirtschaftsleistung – langfristig abgebaut werden kann, wird weiter heftig gestritten. Und es ist zu befürchten, dass nachhaltige konstruktive Schritte wie etwa eine von allen Parteien in Washington nach wie vor abgelehnte Finanztransaktionssteuer auch bis zur Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr ausbleiben werden. Zum Schaden nicht nur der US-Amerikaner. Sie sitzen im Glashaus, Mr. Obama.

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