Kohle bremst Windräder

Sachsens Energieprogramm: 2020 ein Drittel des Stroms aus erneuerbaren Energien

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Sachsens Regierung hat ihr Energieprogramm vorgelegt. Das Aufstellen wirklich ehrgeiziger Ziele wird von der Kohleverstromung behindert.

Sachsen liegt nicht am Meer. Das ist in mancher Hinsicht ein Nachteil, etwa wenn es um die Nutzung der Windkraft geht: Die wird besonders effizient und in wachsendem Umfang in Windparks vor der Küste erzeugt. Auf die, sagt Sachsens FDP-Wirtschaftsminister Sven Morlok, muss der Freistaat aus topografischen Gründen verzichten.

Also sind Morlok und sein Kollege Frank Kupfer (CDU) aus dem Umweltressort mit einem Ziel sehr zufrieden, dass ein gestern präsentiertes sächsisches Energie- und Klimaprogramm enthält: Bis 2020 soll ein Drittel des in Sachsen verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, der Löwenanteil aus Windkraft. Derzeit liegt der Anteil von Strom aus Wind, Biomasse, Sonne und Wasser bei 17 Prozent - gut die Hälfte davon ist allein Windstrom. Innerhalb von neun Jahren soll sich die Ausbeute der Windräder nun verdoppeln. Beim Sonnenstrom soll die Zuwachsrate zwar noch höher liegen; dort ist bis 2020 eine Verdreifachung geplant. Absolut bleibt Windstrom aber am wichtigsten.

Doch Sachsen nutzt offenbar auch das vorhandene Wind-Potenzial nicht. Eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie war kürzlich zu dem Schluss gekommen, dass allein Windräder ein Drittel des in Sachsen verbrauchten Stroms erzeugen könnten - so viel wie nach den Plänen der Regierung alle erneuerbaren Energiequellen zusammen.

Mehr Fläche für Wind

Dazu müssten freilich vorhandene Windräder konsequent aufgerüstet und rund 200 neue Anlagen gebaut werden, wofür der entsprechend genutzte Anteil der Landesfläche verdoppelt werden müsste. Diese Forderung äußerte auch die LINKE.

Der Regierungsplan, der zunächst diskutiert und im ersten Quartal 2012 beschlossen werden soll, sieht nun eine Flächenausweitung von 0,2 auf 0,5 Prozent vor. Allerdings stößt der Ausbau auf Hindernisse. Zum einen wehren sich Bürger oft gegen die »Verspargelung« der Landschaft. Zudem fehlten Anreize für die Betreiber, alte Anlagen durch größere, neue zu ersetzen: Die bestehenden Windräder seien oft gerade abgeschrieben, jetzt verdienen die Eigentümer damit Geld, erklärt Morlok und regt Korrekturen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) an, um das zu ändern.

Freilich: Das EEG gilt bundesweit - und trotzdem ist der Anteil der Windkraft in benachbarten Ländern teils wesentlich höher. Tatsächlich ist Sachsen, das sich in vielen Bereichen gern als Musterland im Osten präsentiert, in diesem Fall sogar Schlusslicht. Einer aktuellen Auflistung des Bundesverbands Windenergie zufolge erzeugte der Freistaat 2010 knapp acht Prozent seines Nettostromverbrauchs mit Windrädern. Thüringen kam auf fast zwölf Prozent. Das ist indes immer noch wenig im Vergleich zu den anderen Ost-Flächenländern: In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern waren es 46,2 und 44,6 Prozent; Sachsen-Anhalt ist mit 47,2 Prozent bundesweiter Spitzenreiter. Jedoch bringen es andere Musterländle auf noch bescheidenere Werte: Baden-Württemberg liegt bei 0,9 Prozent.

Kohle und Öl dominant

Den Grund dafür, dass Sachsen bei den Erneuerbaren unter den Möglichkeiten bleibt, erwähnte Umweltminister Kupfer gestern fast nebenbei. Eigentlich, räumte er ein, müsse man sich aus Klimaschutzgründen »mittelfristig von fossilen Brennstoffen verabschieden«. Im Freistaat aber gehe das »wegen der Braunkohle etwas langsamer«.

Kohle hat Sachsen in großen Mengen - und sie soll weiter verfeuert werden. Zwar liegt ihr Anteil am Energieverbrauch nicht mehr bei 77 Prozent wie 1992; aber 41 Prozent sind es immer noch. Weitere 38 Prozent werden aus Erdöl gedeckt. Bei diesem sei das Fördermaximum womöglich überschritten,warnten gestern die Grünen. Politik und Wirtschaft in Sachsen, besagt ihre Studie, haben sich auf die Konsequenzen noch überhaupt nicht eingestellt

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