Jecke Brautpaare

Zur Schnapszahl-Trauung am 11.11.11 sind die Standesämter voll

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Wenn am 11.11. im Epizentrum des rheinischen Frohsinns auf dem Alten Markt das »Kölle Alaaf« erschallt, werden bunt kostümierte Brautpaare das nahe gelegene Standesamt stürmen. An dem Festtag der Jecken wollen 133 Brautpaare in Köln den Bund fürs Leben schließen, viele von ihnen in Kostümen. Auch in anderen vorwiegend katholischen Gegenden ist der Andrang groß. In einigen bayerischen Städten wird deshalb im Viertelstundentakt getraut. Aber auch Bremen, Leipzig und Hannover stellen sich auf Gedränge vor den Trauzimmern ein.

In Köln war die Nachfrage schon vor einem halben Jahr groß, als die Aufgebote für das närrische Datum bestellt werden konnten. »Das ging so weit, dass in der Nacht zum 11. Mai die ersten Paare vor unserem Standesamt geschlafen haben«, erzählt Amtsleiterin Angelika Barg. Im benachbarten Düsseldorf wollen sich 77 Paare das Jawort geben, nur sechs weniger als am bisherigen Rekordtag, dem 9.9.1999.

Selbst im westfälischen Münster wollen Bräute im Kostüm statt im weißen Kleid erscheinen. »Manche haben mir schon gesagt: Sie können machen, was Sie wollen, aber um genau 11.11 Uhr will ich meinem Partner das Jawort geben«, berichtet Amtsleiterin Monika Hochwald. In Bremen-Mitte hat das Standesamt den Beginn für zwei Trauungen extra auf 11.11 Uhr gelegt. »Ganz genau kann man das aber nicht einplanen«, sagt Leiter Sven Möller-Deeke schmunzelnd.

Die Hoffnung, bei den Fließbandtrauungen am 11.11.11 gehe es romantisch zu, können sich die Brautpaare ohnehin abschminken: Bei insgesamt 60 Trauungen an dem Tag in Nürnberg ist für jedes Paar eine Viertelstunde vorgesehen. Pünktlichkeit ist für die Paare Pflicht: »Wir können an einem solchen Tag nicht auf vergessene Trauzeugen, Omas und Trauringe warten«, sagt der Leiter des Standesamts.

In Frankfurt werden ausnahmsweise nur von 11 Uhr morgens bis 11 Uhr am Abend Trauungen durchgeführt. Den gewöhnlich rund 25 Eheschließungen seien elf weitere angehängt worden, erklärt das Standesamt. In Wiesbaden wählten von 36 Paaren neun das Fastnachtskabinett im Heimatmuseum Castellum als Kulisse. Und in Darmstadt heiraten am 11.11. mehr als doppelt so viele Paare wie an normalen Wintertagen. In Gießen und Jena blieb der große Ansturm dagegen aus. Auch in Marburg gebe es keine »Torschlusspanik«, meldet das Standesamt. Die Geschäfte laufen normal.

Im ganz hohen Norden ist die Schnapszahl ein großes Thema: »Wir sind voll ausgebucht«, sagt der Kieler Standesbeamte Roland Sillus. 26 Eheschließungen werden im 20-Minuten-Takt vollzogen. Das Standesamt hat seine Kapazitäten für diesen Tag eigens aufgestockt: Sonst sind freitags maximal 14 Trauungen möglich. In Lübeck ist mit 22 Terminen ebenfalls alles ausgeschöpft. Die Hamburger dagegen bleiben hanseatisch kühl: Der Freitag ist für die Standesbeamten des Bezirksamts Altona ein normaler Tag mit 15 Eheschließungen.

In Stuttgart und Heidelberg sind keine Trautermine mehr frei. Ob unter den Heiratswilligen Karnevalisten sind, wisse sie nicht, sagte die Stuttgarter Standesamtsleiterin Verena Rathgeb-Stein. »Wir werden niemanden ablehnen, der im närrischen Kostüm kommt. Er sollte allerdings nicht so stark maskiert sein, dass man ihn nicht mehr erkennt.« Solche Freiheiten gestatten die Würzburger nicht: »Die Trauungen werden hier in einem würdigen Rahmen ohne Berücksichtigung des Karnevalbeginns erfolgen«, betont das Standesamt.

In Weimar, wo das Standesamt am 11.11.11 mit acht Brautpaaren ausgebucht ist, müssen die Eheschließungen wegen des Faschingsauftakts für drei Stunden ausgesetzt werden. In der Geräuschkulisse des Narrensturms aufs Rathaus könnten schließlich Jaworte und Hochzeitsmarsch untergehen, heißt es aus der dortigen Pressestelle. Daher stehen die Brautpaare im thüringischen Bad Langensalza schon früh auf: Eines der beiden Brautpaare an diesem Tag tauscht schon vor dem großen Trubel um neun Uhr die Ringe.

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