Endspurt in der Asse

Die Vorbereitungen zum Anbohren der ersten Kammer fast abgeschlossen

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Unter und über Tage steigt die Spannung. In wenigen Wochen, auf jeden Fall aber noch in diesem Winter, soll im Atommülllager Asse die erste Kammer mit radioaktiven Abfällen angebohrt werden.

Es ist die erste von vier Bohrungen, mit denen das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Erfahrung bringen will, in welchem Zustand die Einlagerungskammer 7 in rund 750 Meter Tiefe und die darin lagernden rund 4200 Atommüllfässer sind. Um dann Rückschlüsse zu ziehen, ob und wie die geplante Bergung der Abfälle aus dem vom Absaufen bedrohten Bergwerk möglich ist.

Es gibt deutliche Hinweise, dass zulaufendes Wasser längst die Abfälle erreicht hat. »Die Korrosion dürfte dafür gesorgt haben, dass bereits Fässer zerstört sind«, sagt BfS-Sprecher Werner Nording. Selbst die Behälter, die mit einer Betonummantelung eingelagert wurden, seien durch den Gebirgsdruck wahrscheinlich schon beschädigt.

Im vergangenen Herbst hatte das BfS die Bohrung beim niedersächsischen Umweltministerium beantragt. Ende April kam die Genehmigung, das Ministerium versah den Bescheid mit 32 Auflagen, die das Bundesamt in einem inzwischen mehr als 1200 Teilschritte umfassenden Arbeitsplan erfüllen will. Den Zugang vor der Wand, die die Kammer verschließt, haben Arbeiter mit einer Zeltkonstruktion abgedichtet. In diesem Arbeitsbereich herrscht ständig Unterdruck. Sollten belastete Gase oder Stäube beim Anbohren austreten, könnten sie nicht unkontrolliert in den übrigen Grubenbereich entweichen. Der Zugang ist nur über Personen- und Materialschleusen möglich. Ein Lüfter soll später die Luft aus diesem Arbeitsbereich absaugen und gefiltert in das restliche Grubengebäude zurückleiten. Auch Messcontainer, in denen später das Bohrmehl auf Radioaktivität untersucht wird, und zur radiologischen Kontrolle der Arbeiter sind bereits installiert.

Schon Ende September ist die Verschlusswand vor der Kammer etwa vier Meter tief angebohrt worden, um ein Standrohr zu verankern. Das Rohr wurde in das Bohrloch einbetoniert und dient wiederum als Befestigung für den sogenannten Preventer. »Der Preventer ist die zentrale Schutzeinrichtung beim Anbohren der Kammer«, erläutert der BfS-Sprecher. Er soll die Bohrung während der Arbeiten abdichten und dafür sorgen, dass Gase und Stäube nicht unkontrolliert durch das Bohrloch nach außen entweichen könnten.

Sobald der Preventer montiert ist, kann die Bohranlage endgültig aufgebaut und eingerichtet werden. Anschließend werden dann noch die Druckleitungen und die Anlagen für den Transport und das Auffangen des Bohrmehls sowie weitere Überwachungseinrichtungen installiert. »Wenn wir anfangen zu bohren, wird der ganze Bereich für Unbefugte zum Sperrgebiet«, sagt Nording.

Auf die Frage, wie lange das eigentliche Bohren durch die 20 Meter dicke Mauer aus Beton, Asphalt und Steinen dauern wird, hat Nording noch keine Antwort. »Normalerweise wäre der Bohrer in ein bis zwei Tagen durch«, sagt er. Aber normal ist in der Asse fast nichts. In regelmäßigen Abständen muss das Material aus dem Bohrloch in zeitaufwendigen Messungen auf Radioaktivität überprüft werden. Zum Schluss dürfen die Arbeiter nur noch in Zehn-Zentimeter-Schritten bohren.

Neben der Analyse von Gas- und Feststoffproben wollen die BfS-Experten auch das Innere der Kammer in Augenschein nehmen - eine durch das Bohrloch eingeführte Kamera soll Bilder liefern. Ob es darauf viel zu sehen gibt, ist völlig unklar. Denn nach der Einlagerung wurde die Kammer 7 mit zermahlenem Salz verfüllt.

Im Wendland machten sich unterdessen beim »Unruhetag« Atomkraftgegner warm für den bevorstehenden Castortransport am 26. November. Rund 350 Atomkraftgegner blockierten zu Fuß und mit Treckern über Stunden stellenweise den Verkehr.

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