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Wege aus der Autogesellschaft

Buch zeigt Notwendigkeit und Schwierigkeiten einer Verkehrswende auf

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Trotz einiger Teilerfolge bei der Treibhausgas-Reduktion sieht die Klimabilanz der EU beim Verkehr ziemlich schlecht aus. Alternativen zeigte eine von der Bundestagsfraktion der Linken und der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisierte Veranstaltung 2010 in Stuttgart, deren Ergebnisse jetzt ein Sammelband präsentiert.

2008 gab es für kurze Zeit eine Verunsicherung in der deutschen Autobranche. Die Wirtschaftskrise führte zu Umsatzeinbrüchen und Massenentlassungen. Doch schon bald setzte ein neuer Boom ein und für einen großen Teil der Beschäftigten und auch der Gewerkschaften schienen Projekte für einen Weg aus der Autogesellschaft realitätsferne Spinnerei. Wer das im VSA-Verlag veröffentlichte Buch zur »Globalen Ökonomie des Autos« gelesen hat, wird begreifen, dass in Wirklichkeit das krampfhafte Festhalten am Status quo illusionär ist. Denn die 23 Autoren aus unterschiedlichen Fachgebieten legen sehr anschaulich dar, dass angesichts schrumpfender Rohstoffe und raschen Klimawandels die Autogesellschaft ziemlich bald am Ende ist.

Die spannende Frage ist nur, ob sich der Wandel ungeordnet, mit vielen Verwerfungen und Opfern für alle Beteiligten vollzieht oder ob er von allen Beteiligten in demokratischer Planung vollzogen wird und damit sogar die Lebensqualität für viele Menschen erhöhen kann. Die Autoren des Buches propagieren die zweite Option und zeigen dafür Wege auf, verschweigen aber auch die Schwierigkeiten eines solchen Umstiegs nicht.

Einige der Beiträge waren Vorträge auf der am letzten Oktoberwochenende 2010 in Stuttgart von der Bundestagsfraktion der Linken und der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisierten Konferenz »Auto.Mobil.Krise«. Dort diskutierten Umweltschützer mit Betriebsräten aus Autokonzernen und IG-Metall-Vorstandsmitgliedern. So konstatiert das IG-Metall-Vorstandsmitglied und Befürworter eines sozialökologischen Gesellschaftsumbaus Hans-Jürgen Urban selbstkritisch, seine Gewerkschaft sei in den 90er Jahren schon mal weiter mit der Diskussion über den Ausstieg aus der Autoproduktion gewesen. Im Streitgespräch sah der Journalist Harald Schumann die Rolle der Gewerkschaften bei der Umstiegsdebatte kritischer. Zudem hält er es für illusionär, zu meinen, dass Arbeitsplätze im Automobilsektor einfach für alternative Branchen umgewidmet werden könnten.

Der Politologe Mario Candeias warnte davor, allein die Beschäftigten im Pkw-Sektor und ihre Gewerkschaften in die konservative Ecke zu schieben. Schließlich hätten sich viele Umweltorganisationen von sozialen Fragen verabschiedet und suchen im Bündnis mit angeblich fortschrittlichen Teilen des Kapitals Wege in den grünen Kapitalismus. Am Beispiel des Elektroautos wird von mehreren Autoren aufgezeigt, dass hier vor allem neue Profitquellen entstehen, doch der Erfolg für die Umwelt und die Lebensqualität ist fraglich.

Wenig bekannt ist auch, dass es in den USA aktive Gewerkschaftsgruppen gibt, die das Bemühen um Klimagerechtigkeit mit der Verteidigung oder Neuerkämpfung sozialer Rechte verbinden. Beschlüsse der Internationalen Transportarbeitergewerkschaft gehen ebenfalls in diese Richtung. In Deutschland können sowohl Gewerkschaften als auch die Umweltbewegung davon lernen. Dafür bietet das Buch Hilfestellung.

Mario Candeias, Rainer Rilling, Bernd Röttger, Stefan Thimmel (Hrsg.): Globale Ökonomie des Autos. Mobilität, Arbeit, Konversion, VSA-Verlag Hamburg 2011, 275 S. , 19,80 €.

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