Rettung für den Engelwurz

Brandenburg renaturiert Quellmoor Beesenberg

Die Wiederherstellung funktionierender Moore ist ein Beitrag zum Klimaschutz und zum Erhalt biologischer Vielfalt. Trotz erfolgreicher Renaturierung hat Brandenburg noch einiges aufzuholen.

Es gilt als das größte und mächtigste Quellmoor Nordostdeutschlands. Es erstreckt sich auf einer Fläche von 53,4 Hektar bei Göritz in der Uckermark, und es ist bis zu zwölf Meter tief. Aber tief ist hier nicht der richtige Ausdruck, denn eigentlich drückt das andrängende Wasser dieses Moor bis zu acht Meter in die Höhe. Daher auch sein Name: Beesenberg.

Mit 560 000 Euro fördert Brandenburgs Umweltministerium die Renaturierung. Die Bauarbeiten sollen im kommenden Jahr beginnen. Es werden Entwässerungsgräben beseitigt und typische Pflanzen angesiedelt. Die Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg, die selbst noch einmal 130 000 Euro investiert, kaufte schon Land auf. Außerdem zahlt die Stiftung der Agrargenossenschaft Uckermark eine Entschädigung.

Kühe und Wasserbüffel

Die Bauern konnten das Gelände in der Vergangenheit ohnehin nur eingeschränkt nutzen, erklärte gestern Bernhard Schmidt-Ruhe, Geschäftsführer der Stiftung Naturschutzfonds. Zwar ließ die Agrargenossenschaft Mutterkühe auf dem Beesenberg weiden. Doch konnte das Areal auch früher schon oft gar nicht betreten werden, weil es unter Wasser stand. Im Angesicht einer Hochertragsidee sei dies nachvollziehbar gewesen, aber niemals wirtschaftlich, meinte Schmidt-Ruhe, der eine Ausbildung als Agrarökonom genossen hat. Für Kühe sei es nicht gut, wenn sie knietief im Nassen stehen. »Das sind ja keine Wasserbüffel.«

Die ersten Versuche, das Gebiet zu entwässern, hatte es bereits vor rund 100 Jahren gegeben. Bis in die 1960er Jahre hinein sei es immer wieder probiert worden - mit nur mäßigem Erfolg, wie Schmidt-Ruhes Mitarbeiterin Eva Sieper-Ebsen erläuterte. Denn der Wasserdruck am Beesenberg sei hoch. Wenn es irgendwo abgeleitet werde, komme es anderswo hoch. Trotzdem nahm das Quellmoor durch die Versuche einer Entwässerung Schaden, und diese Schäden sollen jetzt behoben werden.

Auf dem Beesenberg wächst der Sumpf-Engelwurz, eine seltene Orchideenart, die in Brandenburg fast ausgestorben ist. Auch in dem Quellmoor kamen zuletzt nur wenige Exemplare zur Blüte. In diesem Jahr waren es jedoch erfreulicherweise einige Hundert; wahrscheinlich, weil der Sommer so nass war, was diesen Pflanzen gefällt.

Mit der Agrargenossenschaft habe man sich einvernehmlich geeinigt, sagte Sieper-Ebsen. Den Bauern sei nur wichtig, dass angrenzende Flächen nicht beeinträchtigt und weiterhin als Acker und Weide zur Verfügung stehen. Darum erhält ein Flurstück eine Schutzdrainage. Anderswo werden keine negativen Auswirkungen der Renaturierung erwartet.

Noch 210 000 Hektar

Der Beesenberg sei ein schönes Beispiel, weil hier alle Beteiligten am Naturschutz interessiert sind, lobte Umweltministerin Anita Tack (LINKE). Das sei leider nicht immer so. »Mit jedem Moor, das wir renaturieren, tragen wir aktiv zum Klimaschutz und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei«, erklärte Tack.

Moore vermögen es - besser noch als Wälder -, Kohlendioxid zu binden. Werden sie intensiv als Acker oder Weide genutzt, dann sind sie dazu nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr in der Lage. Auch deshalb hat sich die rot-rote Koalition dem Moorschutz verschrieben. Er steht sogar extra im Koalitionsvertrag von SPD und LINKE.

Vor 200 Jahren gab es in Brandenburg rund 300 000 Hektar Moor. Inzwischen sind es bloß noch 210 000 Hektar, die darüber hinaus durch Entwässerungen geschädigt sind. Etwa 75 Prozent der Moore werden landwirtschaftlich genutzt. Nur 2000 bis 3000 Hektar Moor wachsen. Wenigstens sind in den letzten Jahren bereits 2000 bis 3000 Hektar renaturiert worden. Das reicht aber längst nicht aus. Es gelte, einiges aufzuholen, sagte Umweltministerin Tack.

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