Krise und Demokratie

Europa muss die Botschaften der aktuellen Protestbewegung verstehen lernen

  • Fausto Bertinotti
  • Lesedauer: ca. 5.5 Min.

Europa steckt in der Krise. Die Rezepte, die Regierungen und europäische Institutionen zur Lösung der Probleme vorlegen, schließen die Betroffenen der Sparprogramme ebenso wie die Parlamente von Mitsprache und Mitentscheidung aus. Was sind die Ursachen der Entmachtung der Politik? Welche Perspektiven gibt es für ein soziales und demokratisches Europa? Wir bemühen uns in dieser Beilage um einige Antworten.

Fausto Bertinotti (71) ist einer der Vordenker linker Politik in Europa. Der Italiener gehörte der Kom-munistischen Partei seines Landes und später der Neugründung Rifondazione comunista an. Von 2004 bis 2007 stand er der Partei der Europäischen Linken vor. Bei den Wahlen 2008 in Italien trat Bertinotti als Spitzenkandidat des Links-bündnisses La Sinistra - L’Arcobaleno an, verfehlte aber den Einzug ins Parla-ment. Heute ist er Heraus-geber der linken Zeitschrift »Alternative per il socia-lismo«.
Fausto Bertinotti (71) ist einer der Vordenker linker Politik in Europa. Der Italiener gehörte der Kom-munistischen Partei seines Landes und später der Neugründung Rifondazione comunista an. Von 2004 bis 2007 stand er der Partei der Europäischen Linken vor. Bei den Wahlen 2008 in Italien trat Bertinotti als Spitzenkandidat des Links-bündnisses La Sinistra - L’Arcobaleno an, verfehlte aber den Einzug ins Parla-ment. Heute ist er Heraus-geber der linken Zeitschrift »Alternative per il socia-lismo«.

Die herrschenden Klassen Europas sehen sich heute einer doppelten Unsicherheit gegenüber: Unsicherheit hinsichtlich der Fähigkeit zur Regierung und Unsicherheit bei der Fähigkeit, aus der gegenwärtigen Krise herauszukommen. Was nun offen liegt, ist das gespannte Verhältnis zwischen Wirtschafts- und Sozialmodell auf der einen sowie der Demokratie auf der anderen Seite. Diese Beziehung ist an einem Punkt angelangt, an dem sich ein beunruhigendes Bild bietet.

Das war nicht immer so. Die Wirtschaftswissenschaftler haben die 30 Jahre nach dem Sieg über Nazideutschland die »Wirtschaftswunderjahre« genannt. Darüber lässt sich diskutieren. Fest steht, dass die nach dem Krieg verabschiedeten Verfassungen ein anderes, ein neues Demokratiekonzept aufgestellt haben. Es ging nicht länger nur um eine Demokratie der Bürgerrechte und Gewaltenteilung. Die Grundidee war, dass keine Demokratie herrscht, wenn nicht die Tendenz zur Gleichheit besteht. ...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.