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Um Braun wird es einsamer

Wowereit geht auf Distanz / Opposition will Betroffene von Deals anhören

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn Berlins neuer Verbraucherschutzsenator Michael Braun (CDU) gehofft hat, am Ende dieser Woche von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen entlastet zu sein, sah er sich getäuscht. Nach der dreistündigen Sitzung im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses und seiner Erklärung vom Mittwoch und den mündlichen Anfragen im Plenum vom Donnerstag, liegen mehr Fragen denn je zu den zwielichtigen Schrottimmobilien-Geschäften auf dem Tisch, in die Braun früher offenbar als Notar verwickelt war - wie er selber am Donnerstag erstmals öffentlich eingeräumt hatte.

Inzwischen scheinen auch dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Widersprüche nicht mehr geheuer. Nachdem er Braun im Abgeordnetenhaus noch demonstrativ den Rücken stärkte, ging Wowereit in einem Interview mit der »bz« vom Donnerstagabend auf Distanz. »Selbstverständlich muss jeder zuständige Senator selbst dafür sorgen, dass er unabhängig die Interessen des Verbraucherschutzes vertreten kann«, sagte Wowereit. Und: Es liege nun an der CDU, gestellte Fragen zu bewerten, erklärte der Senatschef. Er habe hier großes Vertrauen, dass der Innensenator (CDU) zu einer richtigen Bewertung komme. Sollte das heißen: Herr Henkel übernehmen sie?

Der Innensenator und Landesvorsitzende der CDU weilte gestern weiter auf Dienstreise bei der Innenministerkonferenz in Wiesbaden. Vor dort ließ er wissen, an seiner Einschätzung, Braun das Vertrauen auszusprechen, habe sich nichts geändert. »Ich treffe meine Entscheidung nicht aufgrund von Vorwürfen, sondern auf dem Hintergrund rechtsstaatlicher Grundsätze«, sagte Henkel. »Diejenigen, die ihm unterstellen, er habe es wissentlich darauf angelegt, Verbraucher zu schädigen, die müssen es nachweisen«, so der CDU-Chef, der auch Stellvertreter des Regierenden Bürgermeisters ist.

Aber bedarf es noch dieses Nachweises? Von den abgezockten Verbrauchern jedenfalls melden sich immer mehr zu Wort - auch öffentlich. Der Wilmersdorfer Rechtsanwalt Carsten Goethe etwa erklärte, dass er fünf Mandanten vertrete, die »ebenso im Notariat des Herrn Braun ein Kaufvertragsangebot über sogenannte Schrottimmobilien unterzeichnet haben«. Drei wurden demnach durch Herrn Braun persönlich beurkundet. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger hatte in dieser Woche erklärt, dass ihr 100 Fälle im Zusammenhang mit dem Notariat Braun bekannt seien.

Auf weitere Aufklärung setzt nun auch die Opposition im Abgeordnetenhaus. »Bei uns haben sich weitere Betroffene gemeldet, die uns ihre Leidensgeschichte mit Michael Braun erzählen wollen«, berichtet der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Behrendt. Seine Fraktion hält zwar auch einen Untersuchungsausschuss für denkbar, doch zunächst wolle man sich erst einmal mit den Betroffenen austauschen, sagt Behrendt, der es persönlich für erstaunlich hält, dass Braun in der vergangenen Woche noch behauptet habe, er wisse gar nicht, was Schrottimmobilien sind und nun immer mehr Eingeständnisse mache. Behrendt appellierte erneut an Braun, »reinen Tisch zu machen«. Außerdem solle er sein Amt als Verbraucherschutzsenator ruhen lassen, bis alles geklärt ist.

Der rechtspolitische Sprecher der LINKEN, Klaus Lederer, wartet derweil darauf, dass Braun seine detaillierten Fragen aus dem Rechtsausschuss beantwortet. »Da ist noch einiges offen«, sagt Lederer. Zugleich blieb Lederer bei seiner Forderung, dass Braun zumindest als Verbraucherschutzsenator entlassen werden müsse. Schließlich sei doch offensichtlich, dass er ein »massives Argumentationsproblem« habe.

Als oberster Verbraucherschützer ist Michel Braun nicht glaubwürdig, das schreiben auch die allermeisten Medien in der Hauptstadt - selbst die eher konservativen. Verteidiger finden sich immer weniger. Es wird zusehends einsam um Braun.

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