Guckloch ins Paradies

Edith Rimkus-Beseler 85

  • Christel Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei anderen Jubilaren dieses Alters zählt man die Verdienste aus der Vergangenheit auf, bemüht, nicht allzu deutlich zu machen, dass diese Vergangenheit schon etliche Zeit her ist. Bei ihr muss man sich anstrengen, alles, was sie derzeit macht, auch im Text unterzubringen. Sie ist eine erstaunliche Frau: Fotografin, Schriftstellerin, Lehrerin, Bildende Künstlerin, Mutter, Ehefrau, Großmutter, Tier- und Naturversteherin, Managerin. »Immer für einen Wechsel in der Tätigkeit bereit, wenn Routine drohte«, so beschreibt sie es. Ich füge hinzu: Wenn sie merkte, dass etwas fehlte, falsch lief oder in Vergessenheit zu geraten drohte.

Krieg und Flucht aus Ostpreußen hat sie als Kind und Jugendliche erlebt. Tatendurstig, lernbegierig und neugierig war sie immer und so ist es geblieben. Einer ihrer Lehrer an der Akademie der Bildenden Künste in Dresden war immerhin Joseph Hegenbarth und noch heute erinnert die Art, wie sie illustriert oder zeichnet, an ihn. Dann entdeckte sie die Fotografie für sich. Eine Ausstellung ihrer schönsten Bilder von Kindern oder Künstlern oder Pferden oder allem zusammen wäre ein ästhetischer Genuss und ein Ereignis. Seit vierzig Jahren lebt sie in Hinzenhagen/Mecklenburg, das war schon immer Peripherie oder Provinz.

Dass ihr Name in den Kompendien der wichtigen Fotografen nicht vorkommt, hat sie wohl nie sehr gestört, sie hatte immer zu tun und alles, was sie gerade tat, war wichtig. Bild-Text-Bücher mit Erwin Strittmatter, natürlich mit Ehemann Horst Beseler oder mit Benno Pludra entstanden. Als der Kinderbuchverlag ein 1979 Jubiläum hatte, nahm sie sich die Zeit, besuchte und fotografierte die DDR-Kinderliteraturpromis - Peter Hacks und Gerhard Holtz-Baumert, Alfred Wellm und Uwe Kant und und - für ein wunderbares Buch »Für Kinder geschrieben«. Sie kennt sie alle, und in ihren Fotos und späteren Texten leben sie auf. Denn mit ihrem schönen »Komm mit, sagte das Herz« (2009) hat sie alle der Vergessenheit entreißen wollen.

Noch wichtiger als die Bücher waren und sind ihr die Kinder. Fantasie sollen sie wagen und selbstbewusst ihres vertreten. Es sind Glanzpunkte in ihrem Leben, als einer ihrer Schüler stolz verkündete, schon wieder eine neue Farbe entdeckt zu haben! Auch heute streitet sie mit Lehrern und Schulen über den richtigen Weg, Persönlichkeiten heranwachsen zu lassen. »Guckloch ins Paradies« und »Meine Zeit mit Medina« und »Wundersame Wesen« gehören zu ihren jüngsten Büchern. Darin geht es um das Verhältnis von Mensch und Tier. Unverzärtelt und frei von der Sentimentalität fanatischer Tierschützer erzählt und zeichnet Edith Rimkus-Beseler ihre Welt mit Pferden, Vögeln und einer wundervollen Landschaft - ein Paradies, das sie jedem gönnt. Aber dazu braucht es Engagement und persönlichen Einsatz. Die Frau hat viel zu tun.

Da ihre Verlage aufgegeben haben, verkauft sie ihre Bücher selbst über edith.beseler@web.de

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