Erbärmlich

Standpunkt von Gabriele Oertel

  • Lesedauer: 2 Min.

Das Skandalöse an der Nachricht ist, dass sie nicht neu ist. Seit 2005 registrieren diverse Erhebungen eine etwa gleichbleibend hohe Armut, die jeden Siebenten trifft. Da können Wirtschaft wie Politik jubeln, dass Deutschland die Krise bislang umschiffte, die Kauflaune anhält und jeder Bürger über 200 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgibt. Auf zwölf Millionen, die an der Armutsgrenze leben oder sie unterschritten, trifft das nicht zu. Sie sind ausgegrenzt und haben kaum Hoffnung auf Verbesserung.

Ausgerechnet ein SPD-Kanzler gab 2003 mit seiner Agenda 2010 den Startschuss zum großen Ausverkauf der sozialen Verantwortung - den führende Sozialdemokraten bis heute verteidigen. Leistungen des Staates zurückfahren, Eigenverantwortung stärken, mehr Eigenleistung abfordern, so umriss Gerhard Schröder sein Programm. Damit ist er als Kanzler zwar grandios gescheitert - es brachte ihm aber 2005 von seiner CDU-Nachfolgerin persönlichen Dank ein, weil er »mutig und entschlossen eine Tür aufgestoßen hat«.

Das offene Scheunentor nutzte Angela Merkel liebend gern, bestätigte den Vorwurf der Sozialdemokratisierung in diesem einen Punkt. Flächendeckender Mindestlohn? Fehlanzeige! Reichensteuer? Denkste! Höhere Regelsätze? Unvergessen die erbärmliche Nummer, mit der der Hartz-IV-Bezug um ganze fünf Euro erhöht wurde! Seit Merkels Kanzlerschaft hat sich die Armut auf hohem Niveau - und abgekoppelt von der Konjunktur - verfestigt. So wird die Statistik zum Zeugnis: von erschreckender Armut im wahrsten wie im übertragenen Sinn.

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