Blumenregen und viele Blockaden

Zwiespältige Bilanz für Präsident Toledo

  • Rolf Schröder, Lima
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Zu Beginn seines zweiten Amtsjahres wurde Alejandro Toledo gefeiert. Am Unabhängigkeitstag seines Landes ließen Kinder Blüten in den rot-weißen Nationalfarben auf das Präsidentenauto regnen.


Bei einer anschließenden Rede in Perus Parlament wurde der Präsident immer wieder von Hochrufen aus der Zuschauerloge unterbrochen. Toledo hat sich zweifellos Verdienste erworben. So ist anderthalb Jahre nach dem Zerfall des Fujimori-Regimes ein erfolgreicher Demokratisierungsprozess angelaufen. Nirgendwo sonst in Lateinamerika wurden nach dem Ende einer Diktatur so viele hochrangige Militärs, Richter oder Politiker inhaftiert wie in Peru. Und sogar wirtschaftlich geht es bergauf.
Die Fernsehbilder von den Unabhängigkeitsfeiern verzerrten dennoch die politischen Realitäten im Lande. Tatsächlich hatten 16 000 Polizisten das Zentrum der Hauptstadt Lima rund um den Präsidentenpalast abgeriegelt und nur Parteigänger des Präsidenten zum Jubeln vorgelassen. Die andere Wirklichkeit: Bei tagelangen Protesten gegen die neoliberale Regierungspolitik wurden Ende Juni in Arequipa zwei Menschen getötet. Der Druck der Demonstranten zwang den Präsidenten, den angekündigten Verkauf öffentlicher Stromunternehmen an ein belgisches Konsortium vorerst aufzuschieben. Im nördlichen Talara blockierten Arbeiter aus Protest gegen die Restprivatisierung der staatlichen Ölgesellschaft Petroperú tagelang die wichtigste Verkehrsader des Landes, die Panamericana. Und am letzten Freitag mussten 250 Touristen aus der Provinzhauptstadt Tarapoto evakuiert werden, weil protestierende Reisbauern sämtliche Straßen abgesperrt hatten.
In allen Landesteilen regt sich Widerstand gegen den Präsidenten. Fast alle Proteste haben die gleiche Wurzel: Toledo hat im Wahlkampf den Mund zu voll genommen. So versprach er, keine öffentlichen Betriebe ohne Konsultation der örtlichen Bevölkerung privatisieren zu wollen. Einige seiner Ankündigungen grenzten sogar an Größenwahn: Die wirtschaftliche Entwicklung sollte unter seiner Regie einen Verlauf nehmen wie in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg. Innerhalb eines Jahres wollte der Wundermann die Arbeitslosigkeit halbieren, im Laufe seiner fünfjährigen Amtszeit die Gehälter der Lehrer und Polizisten verdoppeln.
Doch die einzigen Saläre, die Toledo bislang kräftig erhöht hat, sind seine eigenen und die seiner Minister. In einem Land, in dem ein Großteil der Bevölkerung nicht mehr als den Mindestlohn von 120 US-Dollar mit nach Hause bringt, leistet sich der Präsident 18 000 US-Dollar. Insofern wundert es nicht, dass mittlerweile nur noch 20 Prozent der Bevölkerung Toledos Regierungspolitik unterstützen.
Unterdessen versucht Toledo gegenzusteuern. Ende Juli stellte er ein neues Kabinett vor, in dem unter anderem der als neoliberal geltende Wirtschaftsminister Pedro Pablo Kuczynski gegen Javier Silva Ruete ausgetauscht wurde, einem Mann, der auch einen nachfrageorientierten Kurs stützt. Ob das reicht, ist mehr als zweifelhaft. Denn das Wirtschaftswachstum in Peru ist zwar real, doch es hat seine Ursache einzig im überdurchschnittlichen Boom der Minenbranche. Wer nicht das Glück hat, bei einer der großen Gold- oder Silberminen im Land angestellt zu sein oder gar deren Aktien zu besitzen, an dem geht dieses Wachstum unbemerkt vorbei.
Toledos Kurs im zweiten Amtsjahr bleibt unklar. Der Präsident äußert sich weder über seine künftige Privatisierungspolitik noch deutet er an, wie er das Loch im Staatshaushalt stopfen will. An große Konzerne wie die spanische Telefónica oder transnationale Minenunternehmen, die auf Grund von zweifelhaften Gesetzen und Verträgen aus der Zeit des Fujimori-Regimes kaum Steuern zahlen, traut er sich offenbar nicht heran. Toledo muss sich entscheiden, ob er dem Druck der sich immer mehr formierenden sozialen Bewegungen nachgibt oder den Unternehmerverbänden. Viel Zeit bleibt ihm nicht, wenn er auch den zweiten Jahrestag seiner Amtsübernahme erleben will.
Bei einer anschließenden Rede in Perus Parlament wurde der Präsident immer wieder von Hochrufen aus der Zuschauerloge unterbrochen. Toledo hat sich zweifellos Verdienste erworben. So ist anderthalb Jahre nach dem Zerfall des Fujimori-Regimes ein erfolgreicher Demokratisierungsprozess angelaufen. Nirgendwo sonst in Lateinamerika wurden nach dem Ende einer Diktatur so viele hochrangige Militärs, Richter oder Politiker inhaftiert wie in Peru. Und sogar wirtschaftlich geht es bergauf.
Die Fernsehbilder von den Unabhängigkeitsfeiern verzerrten dennoch die politischen Realitäten im Lande. Tatsächlich hatten 16 000 Polizisten das Zentrum der Hauptstadt Lima rund um den Präsidentenpalast abgeriegelt und nur Parteigänger des Präsidenten zum Jubeln vorgelassen. Die andere Wirklichkeit: Bei tagelangen Protesten gegen die neoliberale Regierungspolitik wurden Ende Juni in Arequipa zwei Menschen getötet. Der Druck der Demonstranten zwang den Präsidenten, den angekündigten Verkauf öffentlicher Stromunternehmen an ein belgisches Konsortium vorerst aufzuschieben. Im nördlichen Talara blockierten Arbeiter aus Protest gegen die Restprivatisierung der staatlichen Ölgesellschaft Petroperú tagelang die wichtigste Verkehrsader des Landes, die Panamericana. Und am letzten Freitag mussten 250 Touristen aus der Provinzhauptstadt Tarapoto evakuiert werden, weil protestierende Reisbauern sämtliche Straßen abgesperrt hatten.
In allen Landesteilen regt sich Widerstand gegen den Präsidenten. Fast alle Proteste haben die gleiche Wurzel: Toledo hat im Wahlkampf den Mund zu voll genommen. So versprach er, keine öffentlichen Betriebe ohne Konsultation der örtlichen Bevölkerung privatisieren zu wollen. Einige seiner Ankündigungen grenzten sogar an Größenwahn: Die wirtschaftliche Entwicklung sollte unter seiner Regie einen Verlauf nehmen wie in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg. Innerhalb eines Jahres wollte der Wundermann die Arbeitslosigkeit halbieren, im Laufe seiner fünfjährigen Amtszeit die Gehälter der Lehrer und Polizisten verdoppeln.
Doch die einzigen Saläre, die Toledo bislang kräftig erhöht hat, sind seine eigenen und die seiner Minister. In einem Land, in dem ein Großteil der Bevölkerung nicht mehr als den Mindestlohn von 120 US-Dollar mit nach Hause bringt, leistet sich der Präsident 18 000 US-Dollar. Insofern wundert es nicht, dass mittlerweile nur noch 20 Prozent der Bevölkerung Toledos Regierungspolitik unterstützen.
Unterdessen versucht Toledo gegenzusteuern. Ende Juli stellte er ein neues Kabinett vor, in dem unter anderem der als neoliberal geltende Wirtschaftsminister Pedro Pablo Kuczynski gegen Javier Silva Ruete ausgetauscht wurde, einem Mann, der auch einen nachfrageorientierten Kurs stützt. Ob das reicht, ist mehr als zweifelhaft. Denn das Wirtschaftswachstum in Peru ist zwar real, doch es hat seine Ursache einzig im überdurchschnittlichen Boom der Minenbranche. Wer nicht das Glück hat, bei einer der großen Gold- oder Silberminen im Land angestellt zu sein oder gar deren Aktien zu besitzen, an dem geht dieses Wachstum unbemerkt vorbei.
Toledos Kurs im zweiten Amtsjahr bleibt unklar. Der Präsident äußert sich weder über seine künftige Privatisierungspolitik noch deutet er an, wie er das Loch im Staatshaushalt stopfen will. An große Konzerne wie die spanische Telefónica oder transnationale Minenunternehmen, die auf Grund von zweifelhaften Gesetzen und Verträgen aus der Zeit des Fujimori-Regimes kaum Steuern zahlen, traut er sich offenbar nicht heran. Toledo muss sich entscheiden, ob er dem Druck der sich immer mehr formierenden sozialen Bewegungen nachgibt oder den Unternehmerverbänden. Viel Zeit bleibt ihm nicht, wenn er auch den zweiten Jahrestag seiner Amtsübernahme erleben will.

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