Lügendetektor im Kongress

Regierung sucht Informationsleck und setzt Parlamentsausschuss unter Druck

  • Ekkehard Jänicke
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Terrorangst in den USA führt zu erschreckenden Verfallserscheinungen demokratischer Regeln. Immer mehr Bürger fühlen sich bereits an die Hatz der McCarthy-Ära in den 50er Jahren erinnert.

Die Spitzen von CIA und FBI sind verärgert, weil immer wieder peinliche Versäumnisse und Nachlässigkeiten ihrer Terrorermittlungen an die Öffentlichkeit gelangen. Deshalb wollen die Ermittler nun angebliche Informationslecks im Geheimdienstausschuss des US-Kongresses finden und sich dabei verschiedenster Mittel der Kriminaltechnik bedienen, wie die »Washington Post« berichtete. Anstoß dafür gab Justizminister John Ashcroft. Noch haben seine Ermittler die undichten Stellen nicht gefunden, doch sie sind sich sicher, dass mindestens einer der Abgeordneten die Presse mit Informationen versorgt. Laut »Washington Post« haben Fahnder bereits fast alle 37 Mitglieder des unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagenden Gremiums verhört - jedoch ohne Ergebnis. Nun will das FBI sogar mehrere Abgeordnete einem Lügendetektor-Test unterziehen.
Die beiden Ausschussvorsitzenden im Senat und im Repräsentantenhaus, Senator Bob Graham und der Abgeordnete Porter J. Goss, hätten nach Informationen der Zeitung die Untersuchung innerhalb des Parlamentes genehmigt. Die Abgeordneten im Ausschuss selbst reagierten empfindlich auf diese - gegenüber frei gewählten Abgeordneten bislang undenkbaren und einmaligen - Umgangsformen von FBI und CIA, die von den Volksvertretern eigentlich parlamentarisch kontrolliert werden müssten. Dabei genießt gerade dieser Ausschuss weit reichende Rechte, die in der Verfassung festgeschrieben sind. Sollten tatsächlich Lücken im Parlament vorhanden sein, wäre die Untersuchung nicht Aufgabe der Exekutive, sprich des Justizministeriums, sondern nach gültigem Recht Aufgabe eines Ethik-Komitees des US-amerikanischen Kongresses.
Bürgerrechtler und Parlamentarier äußern sich besorgt über die »aggressiven Überprüfungen«. Der Rechtswissenschaftler Charles Tiefer gibt zu Bedenken, dass die Immunität der Abgeordneten nicht mehr ausreichend geschützt sei. »Das FBI tritt mit großen Stiefeln alles nieder, was aus gutem Grund geschützt ist. Eine Einschüchterung von Parlamentariern muss ausgeschlossen werden.«
Die Ausschussmitglieder tagen seit mehreren Wochen, um mögliche Pannen bei den Ermittlungen vor dem 11. September ans Licht zu bringen, und kontrollieren grundsätzlich die Arbeit der Geheimdienste. Seit das Gremium zusammentrat und auch schon die Chefs von CIA und FBI als Zeugen vorlud, berichten die Medien immer wieder unappetitliche Details aus dem Alltag der Behörden, sehr zum Missfallen der Bush-Administration. Auch innerhalb des Pentagons werden interne Ermittlungen zu »Indiskretionen« vorgenommen, wie Verteidigungsminister Rumsfeld vor dem Kongress bestätigte.
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