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Zyperngespräche am Limit

UN-Generalsekretär setzt bei Verhandlungen auf weitgehende Annäherung

  • Christiane Sternberg, Nikosia
  • Lesedauer: 3 Min.
Heute und am Dienstag wird UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York zum fünften Mal mit dem zyprischen Präsidenten Dimitris Christofias und dessen Amtskollegen Dervis Eroglu aus der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern verhandeln. Eine Überwindung der Teilung ist nach wie vor nicht in Sicht.

Abermals stecken die Gespräche über die Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel Zypern in einer Sackgasse. Verhandelt wird schon seit 35 Jahren. Aber der Juli 2012 könnte die Wende bringen.

Den Tod des Hardliners Rauf Denktasch vor wenigen Tagen sehen progressive Kreise in Zypern als gutes Omen für den Friedensgipfel in New York. Der langjährige Führer der Zyperntürken gehörte der Generation an, die für die Teilung der Insel verantwortlich ist. Er selbst hatte die Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) 1983 proklamiert, international anerkannt wurde sie nie. Nun könnte im selben Jahr wie ihr Gründer auch die TRNZ sterben, denn 2012 soll Zypern die Wiedervereinigung bringen.

Wenn auch seit dem letzten New-York-Gipfel im Oktober 2011 am Verhandlungstisch kaum Fortschritte erzielt wurden, blieben die zyprischen Staatsmänner zumindest beim gemeinsamen Neujahrsdinner optimistisch. Sowohl Präsident Dimitris Christofias als auch sein türkisch-zyprischer Konterpart Derviş Eroglu bekräftigten ihre Hoffnung, dass in diesem Jahr der Durchbruch gelingt. Der UN-Sondergesandte für Zypern, Alexander Downer, äußerte gar, er träume von dem Tag, an dem Christofias und Eroglu auf der Titelseite des »Time«-Magazins prangen würden als die zwei Politiker, die eine Einigung Zyperns herbeigeführt hätten.

Aber mit dem Brief, den der UN-Generalsekretär vor zwei Wochen an die beiden möglichen Helden künftiger Geschichtsbücher sandte, war die Euphorie schon wieder passé. Die Gespräche, so schrieb Ban Ki Moon, steckten derzeit in einer Sackgasse. Gleichzeitig seien die Möglichkeiten, die Verhandlungen zum erfolgreichen Abschluss zu bringen, wegen Zyperns Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli 2012 zeitlich begrenzt.

Die politischen Parteien der Zyperngriechen witterten hinter dieser Formulierung eine von den Vereinten Nationen gesetzte Frist, gegen die sich vor allem die Opposition stemmt. Präsident Dimitris Christofias erklärte zwar, der UN-Chefdiplomat verstehe den Juli 2012 als einen Meilenstein, nicht als Deadline, aber der zyprische Nationalrat ist für klare Verhältnisse. Dieser oberste All-Parteien-Beraterstab in Sachen Zypernproblem rüstete den Präsidenten der Republik Zypern mit drei unumstößlichen Regeln als »Waffen« für die Gespräche in New York: kein Zeitlimit, kein UN-Schlichtungsverfahren, keine internationale Konferenz, bevor nicht alle innerzyprischen Aspekte geklärt seien. Nach wie vor gibt es keine Einigung zu den Themen Machtteilung, Rückgabe von Flüchtlingsland sowie zum Territorium der beiden künftigen Teilstaaten.

Das Grundprinzip einer »Vereinigten Republik Zypern« sieht einen föderalen Staat vor, der sich aus zwei Bundesländern zusammensetzt. Nur sind die Interpretationen dieses kleinsten gemeinsamen Nenners nie wirklich abgeglichen worden. Die Zyperngriechen verstehen darunter eine starke Zentralgewalt mit alleiniger Staatshoheit und einer einzigen Nation - der zyprischen. Dass die Zyperntürken darüber anders denken, daran erinnerte Derwisch Eroglu in seiner Kondolenzrede für den verstorbenen »ewigen Führer« Rauf Denktasch am vergangenen Dienstag: »Kein Druck und kein Versprechen wird uns von der Befürwortung der Bi-Zonalität, der Existenz zweier Völker und der Fortführung der türkischen Garantie abbringen.«

Ban Ki Moon hat in seinem Brief klargemacht, dass die Zyperngespräche so wie bisher nicht weitergehen können. Er erwarte von Christofias und Eroglu, dass sie sich während der Meetings am heute und morgen in der Villa »Greentree« in Long Island so weit wie möglich einigen. Vielleicht gelingt ihm ja doch das Kunststück, den Juli 2012 von einem Meilenstein in einen Schlusspunkt zu verwandeln.

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