»Man kann uns googlen«

Katrin Kunert wird vom Geheimdienst beobachtet

  • Lesedauer: 2 Min.
Katrin Kunert, LINKE, sitzt seit 2005 im Bundestag. Sie ist sport- und kommunalpolitische Sprecherin.
Katrin Kunert, LINKE, sitzt seit 2005 im Bundestag. Sie ist sport- und kommunalpolitische Sprecherin.

nd: Wissen Sie, warum Sie beobachtet werden?
Kunert: Das müssen Sie den Verfassungsschutz fragen. Ich zähle zu denen, die pragmatisch an die Arbeit gehen. Ich weiß definitiv, dass ich die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht verletze. Ich bleibe auf dem Boden des Grundgesetzes. Meinen letzten Strafzettel habe ich vor anderthalb Jahren für Falschparken bekommen.

Haben Sie Ihre Akte schon gesehen? Haben Sie Informationen über die Vorgänge?
Nein. Ich überlege mir, ob ich meine Akte anfordere. Es wäre interessant zu wissen, seit wann ich beobachtet werde. Es sind ja öffentlich zugängliche Unterlagen, die man über mich sammelt. All das ist in meinem Wahlkreis auch vorrätig. Wir haben Homepages, die zugänglich sind. Man kann uns googlen. Es ist widersinnig, dass man Dinge sammelt, die ohnehin öffentlich zugänglich sind.

Neonazis blieben jahrelang unbeobachtet. Linke, die Neonazis bekämpfen, werden überwacht. Wie ist das zu erklären?
Der Verfassungsschutz weiß genau, was die Nazis machen. Dass eine Gleichsetzung von LINKEN und NPD erfolgt, ist der eigentliche Skandal. Das schürt Angst bei Menschen, die mit uns Kontakt haben. Die Frage wird sein: Kommen weiterhin Menschen unbefangen zu uns in die Sprechstunde oder ins Gespräch mit mir? Der Verfassungsschutz ist in den Strukturen der Nazis mit drin, das wissen wir nun. Bei den Nazis zu versagen und bei uns fleißig sein zu wollen, das ist schon unerhört.

Es wird also das Vertrauensverhältnis zwischen Abgeordneten und Wählern beeinträchtigt?
Wenn ein gewählter Abgeordneter beobachtet wird, suggeriert das, dass wir die Verfassung verletzen. Die Gefahr besteht, dass man uns meidet. Eigentlich muss das Parlament den Verfassungsschutz überwachen. Aber es kehrt sich um in dieser Republik. Will man, dass die Leute vor uns Angst haben?

Sie haben sich einmal in Nordkorea mit der dortigen Frauen-Nationalmannschaft getroffen. Müssen Sie sich da über das Interesse des Geheimdienstes an Ihnen noch wundern?
Wenn Sie wüssten, wie ich zu der Reise gekommen bin, dann würde sich das völlig zerschlagen. Ich kann und will mich nicht in die Denkweise der Verfassungsschützer begeben. Junge Leute sagen oft: Was passiert in dieser Gesellschaft? Wenn Linke demonstrieren, werden sie drangsaliert, und wenn Rechte marschieren, werden sie geschützt. Es ist politisch falsch und absurd, was da abläuft.

Interview: Thomas Blum

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