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Auch Cottbus soll nazifrei sein

Einwohner fahren nach Dresden und wehren sich gegen Aufmarsch in ihrer Stadt

Blockaden verzögerten im vergangenen Jahr den Naziaufmarsch in Cottbus.
Blockaden verzögerten im vergangenen Jahr den Naziaufmarsch in Cottbus.

»Cottbus fährt nach Dresden!« lautet eine Losung. Eine andere heißt: »Cottbus bekennt Farbe!« Es geht darum, dass sich die Einwohner der zweitgrößten Stadt Brandenburgs Naziaufmärschen entgegenstellen - sowohl am 15. Februar in ihrer Heimat als auch am 18. Februar in der nicht allzu weit entfernten Sachsenmetropole. Den Nazis soll es nicht gelingen, die Jahrestage der Bombenangriffe auf Cottbus und Dresden propagandistisch für sich auszuschlachten.

Schließlich entfesselten die deutschen Faschisten und ihre Geldgeber den Zweiten Weltkrieg. Sie tragen letztendlich die Verantwortung für die Schäden der Bombardements im Februar 1945.

Es werden nun Busse mit Gegendemonstranten nach Dresden fahren. Auch der LINKE-Kreisverband Lausitz stellt einen solchen Bus. Wer mitkommen möchte, kann sich unter der Telefonnummer (0355) 224 40 einen Platz sichern. Doch damit nicht genug. Der Kreisvorstand beschloss einstimmig, die Initiative »Potsdam bekennt Farbe« zu unterstützen. »Wir rufen unsere Mitglieder auf, sich an allen friedlichen Protestformen zu beteiligen«, erklärt der Kreisvorsitzende Matthias Loehr.

Es scheint diesmal zu gelingen, alle Nazigegner unter einen Hut zu bringen: So einerseits die Stadtverwaltung, die Technische Universität, die Kirchen und andere, die sich im Verein Cottbuser Aufbruch engagieren, und andererseits Antifa, Attac, Jusos, Linksjugend oder auch die Grüne Liga, die das Bündnis »Cottbus nazifrei« unterstützen.

Mehr als 300 Einwohner der Stadt beteiligten sich während des Naziaufzugs im vergangenen Jahr an Sitzblockaden, erinnert das Bündnis »Cottbus nazifrei«, das sich als Teil der Initiative »Potsdam bekennt Farbe« betrachtet. Man habe deutlich gemacht, Gesichtsrevisionismus nicht zu dulden. »Das werden wir auch in diesem Jahr wieder tun!« Blockaden seien »legitim und notwendig«.

Auf den Internetseiten des Cottbuser Aufbruchs wird zum gemeinschaftlichen Agieren aufgerufen. Das Wichtigste sei, den Neonazis den Raum zu nehmen. Bereits 2011 habe es Menschen gegeben, die in Ruhe der Betroffenen der Bombardierung von Cottbus gedenken wollten, Menschen, »die ihren Protest mit Musik bunt und laut nach außen trugen«, und Menschen, die sich den Neonazis in den Weg setzten. »Niemand wollte, dass Neonazis durch Cottbus laufen. Das verbindet all diese Menschen.« Jede friedliche Protestform habe ihre Berechtigung.

Aktiv sind der Bürgerverein Schmellwitz, der eine Ausstellung zum Thema Toleranz zeigt (13 Uhr), und der Bürgerverein Sachsendorf, der Luftballons fliegen lässt (14 Uhr). Der Energiekonzern Vattenfall stellt einen Infostand vor sein Hauptgebäude (15.30 Uhr), der Stadtsportbund veranstaltet ein Kulturprogramm am Sportlerdenkmal (15 Uhr) und die evangelische Lutherkirchgemeinde lädt zum stillen Gedenken (11.51 Uhr) sowie zum Friedensgebet (15.15 Uhr) in ihr Gotteshaus.

Eine große Demonstration soll um 16 Uhr am Hauptbahnhof starten und um 17 Uhr die Abschlusskundgebung vor der Kammerbühne erreichen. Die Demonstration passiert Infostände und Veranstaltungen der demokratischen Parteien und möchte dabei Teilnehmer abholen. Die LINKE ist ab 15 Uhr am Brandenburger Platz zu finden, die Grünen ab 16 Uhr an der Schlosskirche. SPD und CDU stehen ab 15.30 Uhr auf dem Altmarkt beziehungsweise auf dem Heronplatz. Treffpunkt für Blockaden ist um 17.30 Uhr der Schillerpark.


Chronik

Am 15. Februar 1945 befinden sich 459 US-amerikanische Bomber des Typs B 17 im Anflug auf Schwarzheide. Wegen des Wetters können sie dieses Ziel jedoch nicht bekämpfen. Die Flugzeuge weichen deshalb nach Cottbus aus, um den Eisenbahnknotenpunkt zu treffen.

Cottbus erlebt die ersten Luftangriffe bereits im Herbst 1940. Das Bombardement am 15. Februar 1945 gilt als das schlimmste. 1000 Menschen sterben. Wohnhäuser und Fabriken werden beschädigt oder zerstört. Zu den zerstörten Gebäuden gehört die Lutherkirche.

Zur Vorgeschichte: Bei der Kommunalwahl 1929 erzielt die NSDAP 3000 Stimmen. Am 20. Juli 1932 lauschen 40 000 Menschen einer Rede Adolf Hitlers auf der Rennbahn. Im selben Jahr wird die NSDAP in Cottbus stärkste Kraft. Am 30. Januar 1933 ziehen Faschisten mit Fackeln durch die Straßen, am 7. März weht auf dem Spremberger Turm die Hakenkreuzflagge. Fünf Tage später werden die ersten kommunistischen und sozialdemokratischen Abgeordneten des Stadtparlaments verhaftet.

www.cottbus-nazifrei.info,
www.cottbuser-aufbruch.de

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