nd-aktuell.de / 16.02.2012 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 8

Feuriges Kältemittel

Umweltschützer fordern sichere Füllung für Autoklimaanlagen

Steffen Schmidt
Autoklimaanlagen bergen nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unwägbare Gefahren: Das neue chemische Kältemittel R-1234yf - Nachfolger des klimaschädlichen Mittels R-134a - sei leicht entflammbar und setze bei der Verbrennung hochgiftige Flusssäure frei, warnte die DUH am Mittwoch in Berlin.

Alle neuen Automodelle, die nach dem 1. Januar 2011 in der EU mit einer Klimaanlage auf den Markt kamen, hätten eigentlich ein neues Kältemittel in diesen Anlagen haben müssen. Der bisher gebräuchliche Fluorkohlenwasserstoff (FKW) R-134a ist anders als die zuvor üblichen chlorhaltigen FKW unschädlich für die Ozonschicht, doch seine Klimawirkung ist über einen Zeitraum von 100 Jahren 1430-mal so hoch wie die von Kohlendioxid. Deshalb dürfen seit 2011 nur noch Ersatzstoffe eingesetzt werden, deren Treibhauswirkung maximal 150-mal so hoch wie der von CO2 ist.

Während das Umweltbundesamt (UBA) als Kältemittel CO2 bevorzugt, weil es ungiftig, unbrennbar und ohnehin in der Atmosphäre ist, setzt die Autoindustrie auf einen synthetischen Ersatzstoff: 2,3,3,3-Tetrafluorpropen, kurz R-1234yf, der US-Konzerne Dupont und Honeywell. Dessen Treibhauspotenzial von ist nur noch 4,4-mal so groß wie das von CO2 und es wird in der Atmosphäre relativ schnell abgebaut. Der entscheidende Pluspunkt aus Sicht der Autokonzerne ist aber, dass die Klimaanlagen kaum verändert werden müssen, da diese mit ähnlichen Drücken wie bei R-134a arbeiten. Für CO2 hätte man neue Klimaanlagen mit stärkeren Kompressoren entwickeln müssen, da das Gas erst bei deutlich höherem Druck flüssig wird.

R-1234yf hat allerdings einen ganz entscheidenden Haken, wie Andreas Thöne vom Berufsverband Feuerwehr bei der DUH-Pressekonferenz erläuterte. Wie eine Studie der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung zeigt, ist das neue Kältemittel anders als seine Vorläufer oder CO2 brennbar und es setzt beim Verbrennen schon bei stark erhöhten Temperaturen Fluorwasserstoff frei. Der bildet mit der Luftfeuchtigkeit ätzende Flusssäure, die Atemwege und auch die Haut zerstört. Das beträfe bei einem Unfall mit Brandfolge nicht nur die Autoinsassen, sondern auch potenzielle Helfer und die Feuerwehr. Zwar schütze das abgeschlossene Atemgerät die Atemwege der Feuerwehrleute, doch die Schutzbekleidung könne die Haut nur begrenzt vor der aggressiven Säure schützen.

So ganz geheuer scheint R-1234yf auch der Autoindustrie nicht zu sein. Eine Umfrage der DUH ergab, dass bislang nur wenige Automodelle auch nur eine Typgenehmigung für das neue Kältemittel haben oder gar damit befüllt sind. Die Klimaanlagen der aktuellen B-Klasse von Mercedes etwa sind zwar für R-1234yf vorgesehen, doch weiter mit dem billigeren - und illegalen - R-134a befüllt, berichtete DUH-Projektleiterin Eva Lauer. Dass es anders geht, zeigen neben einem Prototypauto beim UBA mehrere BVG-Busse: Deren Klimaanlagen laufen mit dem Kühlmittel CO2.