Wieder ein Lockruf zur Kaffeefahrt: Wer nicht mitfährt, soll zahlen

Verbraucherzentralen warnen

  • Lesedauer: 4 Min.
Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt informiert über einen neuerlichen Fall, wie Verbraucher abgezockt werden sollen.
Vorsicht am Telefon! Trotz Verbots von Werbeanrufen werden Verbraucher immer wieder reingelegt.
Vorsicht am Telefon! Trotz Verbots von Werbeanrufen werden Verbraucher immer wieder reingelegt.

Zahlreiche Verbraucher Sachsen-Anhalts sind derzeit Empfänger eines Schreibens von »Konrad Herzog & Partner Finanzdienstleistungen« mit Postfach in Ambühren. Informiert wird über die Festsetzung eines nachträglichen Gewinnübergabetermins. Man habe für den Verbraucher ein Restguthaben aus einer Gewinnsumme von 1000 Euro erstritten, heißt es.

Das Angebot gelte letztmalig und der »Gewinn« sei persönlich abzuholen. Ein geeignetes Verkehrsmittel für Hin- und Rückfahrt werde kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Ziel der Fahrt sei eine Zweigstelle des Finanzdienstleisters ganz in der Nähe des Verbrauchers.

Adressaten, die auf diese Einladung nicht reagierten, erhalten kurz danach ein Erinnerungsschreiben, in dem informiert wird, dass man zwei Plätze für den Adressaten reserviert habe. Mit dem Hinweis, man habe bereits Kosten von 25 Euro pro Person (Fahrpreis, Buchungsgebühr, Frühstück) übernommen, und bei Nichtantritt der Fahrt wäre man laut Gesetzgeber berechtigt, Planungskosten in Rechnung zu stellen, will man offensichtlich die Verbraucher nun endgültig zur Teilnahme bewegen.

Die Einschätzung der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt ist eindeutig: Bei diesen Schreiben handelt es sich um einen klassischen Lockruf zu einer Kaffeefahrt.

Auf solche dubiosen Einladungsschreiben muss man nicht reagieren oder sich zurückmelden. Es besteht kein Zwang zur Teilnahme. Kostenforderungen für den Nichtantritt der Fahrt entbehren einer Anspruchsgrundlage. Auf solchen Kaffeefahrten werden erfahrungsgemäß überteuerte Produkte an den Mann und die Frau gebracht. Bisher ist der Verbraucherzentrale kein Fall einer Gewinnauszahlung bekannt.

Die Masche von »Konrad Herzog & Partner Finanzdienstleistungen« ist übrigens kein Einzelfall: Briefe mit fast identischem Wortlaut wurden schon in den vergangenen Jahren unter laufend wechselnden Namen - immer mit dem Seriosität vorgaukelnden Zusatz »Finanzdienstleistungen« - verschickt.

Ratsuchende können sich an alle Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt wenden; telefonisch unter (0900) 177 57 70 (für 1 Euro/Min. im deutschen Festnetz, Mobilfunkpreise abweichend), Mo. bis Fr. von 9 bis 18 Uhr

Verbotene Telefonwerbung verspricht Geldgewinne

Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt vor etlichen Abzockermethoden mit Treuepräsenten, Tankgutscheinen oder unverhofftem Geldregen. So werden den Verbrauchern am Telefon Stromverträge oder die Teilnahme an Gewinnspielen aufgeschwatzt oder mit Mahnschreiben dubiose Forderungen eingetrieben.

Mit unerlaubten Werbeanrufen nervten Firmen Verbraucher das ganze Jahr. Mal wurde dabei die Teilnahme an einer privaten Lotterie mitsamt einem Magazin-Abo untergeschoben, mal war ein Probepaket für Nahrungsergänzungsmittel der Köder. Nicht minder ideenreich: Ein Anruf der »Gewinnermittlungszentrale Istanbul«, die den 42 000-Euro-Mercedes erst ausliefert, wenn die Versicherungssumme über 620 Euro auf ein Konto in der Türkei überwiesen worden war.

Mit Rechnungen über 116 Euro für eine angebliche Teilnahme am Bonusprogramm »Automobilservice Deutschland GmbH« gab die Epsilon GmbH 2011 in Sachen Abzocke Vollgas. Post von »Ivan Milosevic« machte Verbraucher Glauben, sie schuldeten der Firma Winfinder oder Windienst einen Betrag in meist dreistelliger Höhe: Fällig nach einem Vertrag mit Kosten von 9,90 Euro pro Woche für eine »Leistung«, die in dem Anschreiben jedoch nicht näher definiert worden war.

Auch im World Wide Web legten die Abzocker ihre Fallen aus: So diente bei einem Online-Quiz der Gewinn eines Apple-Produkts als Köder. Nach Eingabe der eigenen Handynummer sollte der Zugangscode zu den Quizfragen per SMS übermittelt werden. Mit diesem Schritt hatte die Falle jedoch schon zugeschnappt: Denn durch die Eingabe der eigenen Mobilnummer wurde laut Kleingedrucktem ein Vertrag eingegangen, der monatlich mit 4,99 Euro auf der Handyrechnung zu Buche schlug und der sich automatisch verlängern sollte.

Auch ein kostenloses Fernsehpaket samt Receiver schien sicher, wenn ein Formular im Netz mit Angaben zur Person sowie Telefonnummer bestückt worden war. Abgeschickt wurde die Sendung der Firma mit Sitz in einer ehemaligen britischen Kronkolonie jedoch nie. Dazu jubelten Netzbetrüger kostenträchtige Online-Mitgliedschaften unter oder kassierten für vermeintliche Seitenaufrufe, die Surfer überhaupt nicht angeklickt hatten.

Telefonabzocker probierten es auch gern unter falscher Flagge: Um Vertrauen zu erwecken, stellten sie sich am Telefon unter der Bezeichnung »Verbraucherzentrale« oder »Verbraucherschutzzentrale« vor - und boten dann an, etwas gegen unerwünschte Werbeanrufe zu unternehmen. Sie versprachen, Name und Nummer der Angerufenen auf eine Liste zu setzen, die Schutz vor ungebetenen Telefonanrufen biete. Kosten des nutzlosen Services: rund 70 Euro.

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