Auf dem Kandidatenkarussell

In der LINKEN droht ein Streit über die Bewerber für das Amt des Bundespräsidenten

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linkspartei ist sich uneins über ihren Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten am 18. März. Eine Entscheidung soll am Montag getroffen werden.
Auf dem Kandidatenkarussell

Vor wenigen Tagen hatte Linksparteichefin Gesine Lötzsch im »nd«-Interview das Vorgehen der Bundesregierung bei der Suche nach einem Bundespräsidentenkandidaten scharf kritisiert: »Wenn ich mir anschaue, wie Leute aufs Kandidatenkarussell geworfen und wieder herunter geschubst worden sind, komme ich zu dem Schluss: Das ist nicht akzeptabel, so geht man nicht mit Menschen um.« Nun rotiert in ihrer Partei ein »Kandidatenkarussell«. Drei potenzielle Bundespräsidentenkandidaten stehen bereit. Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge, die Journalistin und Nazijägerin Beate Klarsfeld sowie die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen. Nachdem am Donnerstag bei einem Treffen des Parteivorstands mit Vertretern der Fraktionen in Bund und Ländern keine Einigung über die Personalie erzielt werden konnte, wird die Entscheidung voraussichtlich am Montag fallen.

Einen Wettstreit untereinander lehnen die Anwärter ab. Butterwegge sagte gegenüber »nd«: »Dass auch zwei von mir geschätzte Frauen ernsthaftes Interesse an einer Kandidatur hatten und gemeinsam mit mir ein Dreigestirn bilden würden, wusste ich nicht. Da der Karneval vorbei ist, hätte ich sonst auch nicht zur Verfügung gestanden.« Anders als Klarsfeld, die sich bei der Partei gemeldet hatte, nachdem Lötzsch über sie gesprochen hatte, wurde Butterwegge »von namhaften LINKEN« angerufen. Er habe sich »zögernd und nach Bedenkzeit« zur Kandidatur bereiterklärt. »Denn ich bin empört darüber, wie im Kanzleramt unter Ausgrenzung der LINKEN ein angeblicher Konsenskandidat gekürt worden ist.«

Beim Treffen am Donnerstag sollen sich laut »Spiegel Online« vor allem der nicht anwesende saarländische Spitzenkandidat Oskar Lafontaine über Vertraute sowie Parteichef Klaus Ernst für Butterwegge ausgesprochen haben. Inhaltlich gibt es zwischen dem Rechtsextremismus- und Armutsforscher sowie der LINKEN große Schnittmengen. Zudem haben Teile der Partei offenbar Vorbehalte gegen Klarsfeld, weil sie als »zu israelfreundlich« gilt. Die Journalistin gehört zu den Erstunterzeichnern der Kampagne Stop the Bomb, die »das Atomwaffenprogramm Irans« stoppen will.

Zu ihrer Kandidatur äußerte sich Klarsfeld gestern zuversichtlich. »Wenn mich die LINKE am Montag zu ihrer Kandidatin küren sollte, nähme ich das an«, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP in Paris. »Mit meiner Kandidatur stünde Joachim Gauck die einzige Deutsche gegenüber, die etwas anderes symbolisiert, nämlich die Verfolgung ehemaliger Nazis in der Politik der ehemaligen Bundesrepublik und die Aufspürung von NS-Verbrechen auf der ganzen Welt«, so die 73-Jährige.

Luc Jochimsen nannte Butterwegge und Klarsfeld »zwei hervorragende Kandidaten«. Die frühere Intendantin des »Hessischen Rundfunks« war bereits im Jahr 2010 gegen Gauck angetreten. »Meine Neigung für eine erneute Aufstellung ist relativ gering gewesen«, erklärte die LINKE-Politikerin gegenüber »nd«. Sie habe aber seit dem Rücktritt Christian Wulffs viel Zuspruch erhalten. Auch Lafontaine habe betont, es sei ein Gebot des Anstandes, dass auch mit ihr gesprochen werde. »Wenn es der Sache nutzt, werde ich es noch einmal machen«, kündigte Jochimsen an.

Die LINKE will mit der Aufstellung eines eigenen Bewerbers auch verhindern, dass in der Bundesversammlung nur Gauck und ein möglicher Kandidat der NPD zur Wahl stehen. Dann müssten sich ihre Vertreter enthalten. Zudem hofft die Partei, dass ihr Kandidat auch Stimmen von SPD und Grünen erhalten wird, die wohl mit großer Mehrheit gemeinsam mit Schwarz-Gelb für Gauck stimmen werden. Dieser will in der nächsten Woche Vertreter aller großen Parteien treffen. Klaus Ernst sagte der »Leipziger Volkszeitung«, dass beim Treffen mit der LINKEN auch kontroverse Themen wie Gaucks Pro-Banken-Haltung in der Finanzkrise besprochen werden.

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