Picknick ohne Rostbratwurst

Bilanz nach Grillverbot im Tiergarten / Sponsoren fürs bezirkseigene Grün gesucht

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.

Sechs Tonnen Müll pro Woche weniger als noch im Vorjahr. Das entspricht, über den Daumen gepeilt, weit mehr als einer Million leerer Bierdosen. Verteilt über den gesamten Tiergarten. Die Reduzierung der Müllberge beispielsweise ist für den Bezirk Mitte eine Bestätigung des im vergangenen Jahr beschlossenen Grillverbots im Park. Der rot-schwarz regierte Bezirk hatte im November beschlossen, das Grillen komplett zu verbieten, um die Kosten der Müllentsorgung zu senken und die Natur zu schonen. Rund 300 000 Euro jährlich kostete die Parkpflege. Personalkosten, Müllentsorgung und schließlich die Pflege des Grüns selbst. Am Ende seien jedoch die eingestellten Parkpfleger, teilweise ausgebildete Gärtner, mehr damit beschäftigt gewesen, Müll aufzusammeln als Baum und Strauch zu pflegen, sagte Carsten Spallek (CDU), Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung, am Donnerstag.

Am ersten warmen Wochenende im März habe die Grillstreife fünf aktive Grills im Tiergarten aufgestöbert, so Spallek. Am 1. April, als etwa »100 bis 200 Menschen« im Tiergarten ein arabisches Frühlingsfest feierten, seien sechs weitere Grills aufgefunden und gelöscht worden, so Harald Strehlow, Leiter des Ordnungsamtes in Mitte. »Das Grillverbot ist ausreichend kommuniziert worden und bekannt«, ist sich Stadtrat Spallek sicher. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes würden nun je nach Wetterprognose eingesetzt, um die Einhaltung des Verbots zu kontrollieren, erläuterte Strehlow. In der Vergangenheit mussten die Streifen nahezu jeden einzelnen Grill daraufhin kontrollieren, ob er der Grillordnung entspricht, die Höhe und Größe zulässiger Steak- und Würstchenbräter bestimmt. Jetzt seien die Kontrollen wesentlich einfacher und damit schneller durchzuführen. Somit können sich die Ordnungshüter auch wieder auf andere Delikte konzentrieren.

Wer nicht grillt, der muss auch keine Kisten voller Zubehör in den Park schleppen. So hat das Grillverbot nach Ansicht des Ordnungsamtes noch eine positive Wirkung: Die Zahl der Verkehrswidrigkeiten (wie Parken direkt im Park oder draußen in der zweiten Reihe) rings um den Tiergarten gehe bereits zurück: Im März verzeichnete das Ordnungsamt acht Verstöße, im April bislang drei. Dagegen waren es im März 2008 noch 34, im April 62 und im Mai 261.

Die aktuelle Haushaltsnotlage und der damit verbundene Ausgabenstopp gefährden dennoch das ordentliche und gepflegte Grün nicht nur im Tiergarten. In den vergangenen Jahren wurden beispielsweise auf der Luiseninsel, am Haus der Kulturen der Welt, am Landwehrkanal, im Englischen Garten und an verschiedenen Plätzen in Moabit etwa 31 000 Stiefmütterchen gepflanzt. Die jährlichen Neubepflanzungen für Frühling und Sommer konnte sich der Bezirk in diesem Jahr nicht leisten. Deswegen ist man bemüht, Sponsoren zu finden, die für Teilbereiche die Kosten für die Bepflanzung übernehmen.

Weniger Geld bedeutet jedoch auch, dass beispielsweise keine externen Dienstleister mehr beauftragt werden können, die am Wochenende im Tiergarten die Mülleimer leeren. Übers Wochenende füllen sich die Behälter, »und selbst wenn die Menschen vorbildlich sind und keinen Müll auf die Wege werfen, kommen die Krähen und verteilen auf der Suche nach Resten den Müll auf den Wegen«, so Spallek. Der bleibt dann liegen bis zum Montagmorgen. Derzeit seien im Tiergarten zwei Mitarbeiter fürs Aufräumen zuständig.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal