Keine Zeit für Angst

Wahlkampf in NRW: LINKE glaubt, mehr als drei Prozent wert zu sein

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Trotz fortgesetzt schlechter Umfragewerte scheint die Stimmung in der NRW-LINKEN nicht am Boden zu sein. Währenddessen setzt die SPD im NRW-Wahlkampf weiter auf populistische Argumente zum Solidarpakt.

Die Umfragewerte verheißen seit Langem nichts Gutes, doch in der NRW-LINKEN setzt man drei Wochen vor der Landtagsneuwahl auf (Zweck-)Optimismus. Basis und Verantwortliche hätten schlicht keine Zeit für Angst, so ist aus Parteikreisen zu erfahren. »In jeder wachen Minute machen wir Wahlkampf«, heißt es zur Begründung.

Auch herrsche in der Partei der feste Glaube, es sei noch nicht alles verloren: »Fast jeder zweite Wähler ist noch unentschlossen, mehr als jeder zweite Wähler glaubt, die LINKE schafft den Wiedereinzug und wir sind ziemlich überzeugt von unserer Kampagne und unserem Personalangebot.« Doch schade der NRW-LINKEN »das Gehampel um den Parteivorsitz im Bund« nach dem Rücktritt der bisherigen Vorsitzenden Gesine Lötzsch.

Seit Februar wird der LINKEN ein Wahlergebnis von maximal vier, zuletzt meist drei Prozent prognostiziert. Wegen einer Krebserkrankung fällt Mit-Spitzenkandidat Wolfgang Zimmermann als Wahlkämpfer aus. Und die Piratenpartei gräbt der LINKEN Proteststimmen ab: Die LINKE-Präsenz im Landtag könnte am 13. Mai also durchaus ein Ende finden - zwei Jahre nach dem erstmaligen Einzug in das Parlament des einwohnerstärksten Bundeslandes, der vielen Beobachtern als Durchbruch der jungen Partei im Westen galt.

Auch wenn die Grünen zuletzt schwächelten: Nach dem Wahlsonntag wird es wohl für eine stabile rot-grüne Mehrheit reichen. Das ist auch das erklärte Ziel der beiden Protagonistinnen der bisherigen Minderheitsregierung, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) nebst Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Grüne).

Doch einen Strich durch die Rechnung machen könnte den beiden Damen die neue orangefarbene Konkurrenz: Die Piratenpartei erlebt auch in NRW einen Höhenflug, liegt in Umfragen zwischen acht und elf Prozent. Die Werte könnten weiter steigen.

Die Piratenpartei gräbt offenbar nicht nur der LINKEN, sondern auch den Grünen Stimmen ab. Die Öko-Bürgerlichen reagierten zuletzt mit scharfen Attacken gegen die Piraten, denen sie Blindheit in sozialen Fragen vorwarfen. »Die Piratenpartei ist gar keine linke Partei. Das ist ein reiner Mythos«, sah sich Grünen-Landeschef Sven Lehmann zu betonen bemüßigt.

Interessant sind jüngste Aussagen der grünen Spitzenkandidatin Löhrmann: Hatten die Grünen (und SPD) bisher FDP und LINKE gleichsam gleichberechtigt in Verantwortung genommen für das Scheitern einer zentralen Haushaltsabstimmung, die daraus resultierende Auflösung des Landtages und damit für die angebliche Notwendigkeit für Neuwahlen, drischt Löhrmann diesbezüglich nun exklusiv auf die Wirtschafts-Liberalen ein. »Es ist an der Zockerei der FDP gescheitert«, betonte Löhrmann in diesen Tagen in einem Interview mit der Grünen-nahen »taz«.

Derweil setzt die SPD nun auch offiziell auf populistische Argumente in Sachen Solidarpakt II: »Jetzt den Westen fördern. Gut für NRW«, ist auf einem Wahlkampf-Plakat der Sozialdemokratie zu lesen. Zumindest der etwas intelligentere Teil der SPD-Klientel vermag die Botschaft zu entschlüsseln: Der Aufbau Ost führe zu einem Abbau West. So lautet das zentrale Argument, das pünktlich zum Wahlkampfbeginn mehrere Oberbürgermeister besonders klammer Ruhrgebiets-Kommunen in die Schlagzeilen-Produktion einspeisten.

Die klagenden Herren sind allesamt Sozialdemokraten - und ihre Partei greift die Vorwürfe nun gerne auf. Dabei hatte Dortmunds OB Ulrich Sierau seine Aussagen unlängst in einem Debattenbeitrag für das »nd« relativiert: Der Solidarpakt sei nicht die Ursache der prekären kommunalen Finanzen, er verschärfe lediglich die prekäre Lage.

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