Aus zwei mach eins - oder keins

LINKE sucht bei einem Leipziger Konvent nach Perspektiven für das Kulturland Sachsen

  • Hendrik Lasch, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
Sachsen ist ein Kulturland, das um viele Institutionen beneidet wird. Doch Spardruck unterminiert die Kulturlandschaft - eine Entwicklung, der sich die LINKE entgegenstellen will.

Die Kassenhäuschen stehen: Am Eingang des Schlossparks in Dresden-Pillnitz, in dem die Besucher stets kostenlos flanieren durften, wird jetzt ein Obolus fällig. Der Aufruhr im bürgerlichen Dresden ist enorm. Doch in Sachsens Kultur wird mehr denn je auf das Geld geschaut - weshalb unlängst gleich der gesamte Staatsbetrieb Schlösser und Gärten privatisiert wurde. Jürgen Uwe Ohlau, Präsident des sächsischen Kultursenats, spricht von einer »Aushöhlung« der kulturellen Verantwortung des Freistaats. Das Land, ergänzt LINKE-Kulturpolitiker Volker Külow, sehe die »Perlen« des Staatsbetriebs als »Zitronen«, die es auszupressen gilt.

Der Umgang mit den Schlössern und Parks ist symptomatisch für ein Bundesland, das jenseits der eigenen Grenzen noch immer als Hort der Kultur gilt. Im Durchschnitt würden 1,7 Prozent eines Landesetats für Kultur ausgegeben, in Sachsen seien es über zwei Prozent, erinnert Luc Jochimsen, Kulturpolitikerin der LINKEN im Bundestag: »Ein glänzendes Vorbild.« Auch etliche Institutionen der Kulturfinanzierung gelten als mustergültig, etwa die Kulturräume, denen das Land Geld gibt, damit Theater und Museen und Musikschulen bis in alle Winkel des Landes gefördert werden.

Bei näherer Betrachtung freilich erweist sich, dass der Lack viele Kratzer hat. Die Kulturräume erhalten kaum noch genug Mittel, um, wie ursprünglich gefordert, »innovative Entwicklungen in der Kultur« zu ermöglichen, sagt Külow, sie seien bloße »Kulturverwaltungsräume« geworden. Zudem gibt es Versuche, die »Axt« an den Mechanismus zu legen- etwa durch die erzwungene Kommunalisierung der Landesbühnen Radebeul.

Dort wird auch zum wiederholten Male ein fatales Muster durchexerziert, das Jochimsen in die Formel »Kaputtsparen und fusionieren«, kürzer: »Aus zwei mach eins«, kleidet: Kulturelle Institutionen, in diesem Fall zwei Orchester, werden zwangsvereint, um zu sparen. Ähnliches ist vielen Theatern in Sachsen widerfahren, etwa in Görlitz und Zittau, wo das vereinte Haus aktuell dennoch in schwerer See ist. Inzwischen wird selbst bei kulturellen »Leuchttürmen« wie dem Staatsschauspiel und der Semperoper in Dresden über eine teilweise Vereinigung geredet. Die Kultur in Sachsen, schimpft Külow, stehe unter »finanzpolitischer Kuratel«.

Die LINKE dagegen verlangt, bei der Kultur »nichts mehr zu sparen«, sondern deren Anteil am Landesetat zu steigern. So steht es in »Kulturpolitischen Leitlinien«, die am Samstag in Leipzig beraten wurden. Kultur sei ein »Gewinnbringer« für die Gesellschaft, sagt Landeschef Rico Gebhardt. Weil Sponsoring mangels großer Unternehmen und vermögender Bürger im Land kaum eine Rolle spiele, dürfe die öffentliche Hand ihrer Verantwortung »nicht ausweichen«. Nötig seien aber »intelligente« Modelle der Finanzierung. In den Kommunen, heißt es in den Leitlinien, sollte Kultur zudem zur »Pflichtaufgabe« werden.

Gesichert werden soll so freilich nicht nur die Zukunft der so genannten Hochkultur. Den Genossen geht es in den Leitlinien ebenso darum, wie existenzsichernde Einkommen für die vielen Künstler und Beschäftigten in der Kreativwirtschaft ermöglicht werden können, die derzeit allzu oft in prekären Verhältnissen leben. Und es geht um kleine Galerien oder Kulturzentren, die in vom Wegzug geplagten Regionen für Heimatgefühl sorgen und so weitere Abwanderung wenigstens bremsen. In Österreich, erzählt Luc Jochimsen, werden kulturelle Einrichtungen und Ensembles in derlei vom demografischen Wandel geplagten Regionen durch den Staat besonders gefördert. In ländlichen Gegenden Sachsens dagegen muss mühevoll um den Erhalt eines kulturellen Mindestangebots gerungen werden - oft nicht mit Erfolg. Und daran ändern Kassen in Pillnitz überhaupt nichts.

Ein Kulturland

In Sachsen gibt es 15 öffentlich getragene Theater mit 72 Spielstätten. Dazu kommen etwa 500 Museen, 535 Bibliotheken, 25 von Land und Kommunen finanzierte Musikschulen und fünf Kunsthochschulen. Daneben gibt es Schlösser, Burgen - und Zeugnisse der Industriekultur. Die Koalition von CDU und FDP wollte für Letztere eine Stiftung gründen - bisher ohne Ergebnis. (nd)

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