Lebenslange Olympiasperre gekippt

Sportgerichtshof CAS untersagte die britische Praxis

  • Andreas Schirmer, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Der lebenslange Olympiaausschluss von Dopingsündern ist nicht zulässig. Dies entschied der Internationale Sportgerichtshof. Das britische Nationale Olympische Komitee muss nun sein Statut ändern. Sonst droht der Ausschluss des Gastgebers von den London-Spielen.

Die lebenslange Olympia-Sperre für Dopingsünder ist gekippt. Das Streitthema härterer Sanktionen für Sportbetrüger bleibt auf den Tisch. »Ohne Zweifel ist dies für Athleten, Trainer und Funktionäre, die einen größeren Fortschritt im Anti-Doping-Kampf wollen, ein hohler Sieg für die WADA«, kritisierte Colin Moynihan, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Großbritanniens (BOA), das Urteil des Internationalen Sportgerichtshof (CAS). Das BOA will nun eine globale Kampagne starten, »um eine fundamentale Reform der WADA zu erreichen«.

Das CAS hatte in seinem Spruch festgestellt, dass die BOA-Regel, Athleten nach Dopingerstvergehen lebenslänglich von Olympischen Spielen auszuschließen, nicht in Übereinstimmung mit dem WADA-Code ist. »Die WADA bedauert die vielen hysterischen und nicht akkuraten öffentlichen Stellungnahmen im Zuge der Anfechtung der WADA-Entscheidung«, erklärte WADA-Generaldirektor John Fahey.

Bis zur nächsten Sitzung des WADA-Vorstandes am 18. Mai erwartet die Weltagentur, dass BOA mitteilt, wie es nach der CAS-Niederlage nun vorgehen will, um die Statuten rechtzeitig vor den Olympischen Spielen vom 27. Juli bis 13. August in London zu ändern. »Wenn es die Regeln nicht ändert, ist das BOA-Statut nicht in Übereinstimmung mit dem WADA-Code«, sagte WADA-Generaldirektor David Howman am Dienstag in einer Telefonkonferenz. In diesem Fall könnte dem Olympia-Gastgeber sogar der Ausschluss von den London-Spielen drohen.

Die WADA hatte den Olympia-Ausschluss auf Lebenszeit vor das CAS gebracht, weil er gegen den WADA-Code verstößt. Als einziges NOK der Welt verhängte das BOA lebenslange Olympia-Sperren gegen Dopingbetrüger. Die Regel war 1992 eingeführt worden.

Der CAS hatte im vergangenen Jahr auch die sogenannte Osaka-Regel des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) für ungültig erklärt, nach der Dopingsünder automatisch von den nächsten Olympischen Spielen ausgeschlossen waren. Auch diese Regel stand im Widerspruch zum WADA-Kodex. Das IOC will nun aber den neuen WADA-Code, der 2013 in Südafrika verabschiedet werden soll, durch die Osaka-Regel ergänzen lassen.

»Das IOC ist im derzeit laufenden Revisionsverfahren des WADA-Codes schon initiativ geworden«, erklärte IOC-Vizepräsident Thomas Bach. »Es müssen dem IOC, aber auch den NOKs bessere Sanktionsmöglichkeiten im Kampf gegen Doping eröffnet werden. Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit des IOC-Vorstoßes.« Eine Mitteilung aus dem IOC-Hauptquartier unterstrich dies: »Wir arbeiten daran, die Sanktionen für Dopingbetrüger zu verschärfen.«

Freuen können sich frühere, mit dem lebenslangen Olympia-Bann bestrafte Dopingsünder wie der Leichtathlet Dwain Chambers und der Radprofi David Millar. Sie dürfen bei den London-Spielen an den Start gehen. »Wir haben wieder geschmacklose, und fehlgeleitete Stellungnahmen gehört wie: 'Wir haben Standards und der Rest der Welt nicht'«, schimpfte Chambers-Anwalt Siza Agha über die harschen BOA-Aussagen zum CAS-Spruch.

Die WADA, durch ihr zuletzt irritierendes Verhalten in der Erfurter Blutmanipulationsaffäre in die Kritik geraten, erhielt für den Erfolg auch Anerkennung. »Die Autorität der WADA ist dadurch anerkannt«, erklärte Travis Tygart, Geschäftsführer der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA. »Es ist ein guter Tag für diejenigen, die an die Fähigkeit der WADA glauben, die Regeln und die Rechte der sauberen Athleten zu verteidigen.«

US-Sprinter und Hallenweltmeister Justin Gatlin, der selbst für vier Jahre wegen Dopings gesperrt war, begrüßt, dass Chambers bei Olympia dabei sein kann. »Es wäre eine Ehre für mich, gegen ihn in London anzutreten. Er sollte nicht zweimal bestraft werden«, sagte Gatlin. Der »Guardian« hält das CAS-Urteil für ein schlechtes Signal: »Eine gefährliche Botschaft: Jetzt werden Athleten mehr bereit sein, das Risiko zu Dopen einzugehen«, schrieb die englische Tageszeitung.

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