Banken finanzieren die Atombombe

Auch deutsche Kreditinstitute und Versicherer machen Geschäfte mit der Nuklearindustrie

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Finanzsektor investiert prinzipiell in alles, womit Gewinne zu machen sind - dazu gehört auch die Herstellung von Atomwaffen.

Während die Welt gebannt auf Iran und seine Nuklearpläne schaut, finanzieren großen Banken und Versicherungen weiterhin den Bau von Atomwaffen und deren Trägersystemen. Nach Berechnungen der Internationalen Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen, kurz ICAN, werden jedes Jahr mehr als 100 Milliarden US-Dollar für Atomwaffen ausgegeben.

Bei den 26 000 Sprengköpfen in den Atomwaffenlagern denkt man nicht unbedingt sofort an Finanztransaktionen und große Geldgeschäfte. Doch im Hintergrund spielen Banken und Versicherungen eine tragende Rolle, weil die Atomrüstung in den meisten Ländern nicht allein vom Staat gemanagt wird. Viele Nuklearwaffen-Staaten vergeben Aufträge an private Rüstungsfirmen wie BAE Systems in Großbritannien, Lockheed Martin und Northrop Grumman in den USA, Thales in Frankreich oder Larsen & Toubro in Indien. »Banken und Versicherer wiederum investieren in solche Firmen oder helfen ihnen mit Krediten«, erklärte der Fachjournalist Dirk Eckert im NDR.

Diesen militärisch-finanziellen Komplex durchleuchtet ICAN in ihrer Studie mit dem Titel »Don’t bank the Bomb«. Mehr als 300 Finanzinstitute in 30 Ländern verdienen demnach heute am Geschäft mit der Bombe. Deutsche Banken und Versicherer sind bei der Finanzierung teilweise vorne mit dabei. Laut ICAN sind elf deutsche Finanzinstitute in den Bau von Atomwaffen oder ihrer Trägersysteme verwickelt, darunter die Allianz, die Commerzbank, die Deka-Bank, die Deutsche Bank, die DZ Bank, die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie die Landesbanken von Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. So soll die BayernLB Kredite in Höhe von schätzungsweise 900 Millionen US-Dollar an Konzerne wie BAE Systems, Boeing und EADS vergeben haben. Der deutsch-französische Konzern EADS wiederum ist an der Produktion von atomar bestückten Raketen für U-Boote und Kampfflugzeuge beteiligt.

Europas größter Versicherer Allianz hat unter anderem bei BAE Systems, Boeing, General Dynamics, Honeywell, Lockheed Martin, und Northrop Grumman investiert. Ein Problem sehen die Münchner nicht darin, sich bei Herstellern von Atomwaffen zu beteiligen. »Das sind Staaten, die a) westliche Demokratien sind und b) auch dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten sind, seit langen Jahren«, sagte ein Allianz-Sprecher. Rüstung sei zwar kein Schwerpunkt der Allianz-Kapitalanlagen, aber in diesem Fall sehe man keinen Grund zu einem Rückzug.

Die Atomwaffengegner wollen eine Kampagne anstoßen, um die Hersteller von Atomwaffen finanziell zu treffen. Sie setzen auf »Disinvestment«. Gemeint ist damit der Abzug von Geldern. »Disinvestment« sei schon entscheidend für das Ende der Apartheid in Südafrika gewesen, argumentiert der südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, der die Kampagne unterstützt.

Und ICAN meldet in Norwegen und Neuseeland erste Erfolge. Dort haben sich Staatsfonds aus atomaren Beteiligungen zurückgezogen.


Lexikon

ICAN ist eine internationale Bewegung, die sich für die völlige Abschaffung von Atomwaffen durch ein verbindliches Abkommen einsetzt. Der im Jahr 2007 von der atomkritischen Ärztevereinigung IPPNW ins Leben gerufenen Kampagne gehören mehr als 200 Partnerorganisationen in 60 Ländern an. Sie hat zahlreiche prominente Unterstützer, darunter Erzbischof Tutu, den Dalai Lama und Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams. nd

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