Radikale Versager

Kommentar von Wolfgang Hübner

  • Lesedauer: 2 Min.

Demokratie ist mitunter eine schwierige Sache. Es kann nämlich passieren, dass Parteien an Zulauf gewinnen, die von den bisher herrschenden nicht vorgesehen waren. Dann wird es ungemütlich, und statt über ihre Versäumnisse zu reden, schwadronieren die Verlierer lieber über die Gefährlichkeit der radikalen Kräfte.

SYRIZA, die zweitstärkste Kraft der griechischen Parlamentswahl vom letzten Sonntag, nennt sich selbst Bündnis der radikalen Linken. Es ist eine linkssozialistische Vereinigung, die sich mit grundsätzlicher Kritik am Krisenmanagement ausdrücklich von der abgewirtschafteten sozialdemokratischen PASOK abhebt. Linker und radikaler als PASOK zu sein ist ungefähr so kompliziert wie schlanker zu sein als Ottfried Fischer. Auch der französische Linkskandidat bei der Präsidentenwahl, Jean-Luc Mélenchon, wird gern als radikal eingestuft, weil er sich spürbar von François Hollande unterscheidet.

In Deutschland hat das Wort radikal einen ganz eigenen Klang. Hier schwingt noch immer die Zeit des Radikalenerlasses nach, in der eine SPD-geführte Bundesregierung versuchte, so ziemlich jedes unangepasste linke Denken zu kriminalisieren. Radikal, das gilt als suspekt und umstürzlerisch. Die Radikalen, wollen uns die Politdichter sagen und mischen flott Linke und Nazis, haben keine vernünftigen Konzepte - im Gegensatz zu den vermeintlich seriösen Parteien, die den ganzen Krisenschlamassel mit angerichtet haben. Die Köche der Krise, die Merkels, Sarkozys und Barrosos, das sind die eigentlichen radikalen - Versager.

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