Föderales in Frage gestellt

Untersuchungsausschuss lädt Sicherheitschefs vor

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Berlin (nd-Heilig). Bei der Debatte um Schlussfolgerungen aus den Terrormorden des »Nationalsozialistischen Widerstandes« (NSU) drohen Teile des föderalen Systems auf der Strecke zu bleiben. Der Obmann der Union im NSU-Bundestagsuntersuchungsausschuss, Clemens Binninger, kritisierte am Wochenende in der »Welt«: »Jedes Land ermittelte für sich, für jedes Land war eine andere Staatsanwaltschaft zuständig. Dazu gab es noch eine übergeordnete Steuerungsgruppe.« Er forderte eine zentrale Koordinierung. »Das muss nicht immer das Bundeskriminalamt sein, auch ein Land kann diese Rolle übernehmen, dann allerdings mit Weisungsbefugnis.«

Nach ihren bisherigen Erkenntnissen haben »Egoismen zwischen Behörden und politische Eitelkeiten eine erfolgreichere Ermittlung verhindert«, merkt dagegen die Obfrau der LINKEN, Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, an. »Aber selbst diese fatalen Fehler können nicht erklären, warum die Spuren ins rechtsextreme Milieu unisono fast komplett ausgeblendet wurden.« Der schnelle Ruf nach einem stärkeren Bundeskriminalamt laufe deshalb ebenso ins Leere, wie die Forderung nach mehr Verfassungsschutzbefugnissen. »Die einen konnten die Gefahr von Rechtsaußen nicht sehen, andere wollten es offenbar nicht und dritte sollten es womöglich nicht.«

Neben dem Bundestagsuntersuchungsausschuss sollen sich vergleichbare Gremien in Thüringen und Sachsen um die Morde an neun Migranten und einer Polizistin kümmer, die der NSU zugeschrieben werden. Auch in Bayern soll ein Ausschuss entstehen.

Der Ausschuss des Thüringer Landtags hat für heute ehemalige verantwortliche Landespolitiker und Chefs von Sicherheitsbehörden geladen. Aussagen sollen die einstigen Innenminister Franz Schuster (CDU) und Richard Dewes (SPD) sowie Ex-Justizminister Hans-Joachim Jentsch (CDU). Zudem müssen Ex-Präsidenten von Verfassungsschutz und Landeskriminalamt aussagen. Zunächst soll es jedoch nicht vorrangig um die »Behördenpannen« bei der Fahndung nach den Mitgliedern des »Nationalsozialistischen Untergrundes« gehen. Die Abgeordneten versuchen eher die Strukturen und das Klima in den 1990er Jahren bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Geheimdienst zu ergründen, die ein solches Versagen ermöglicht haben.

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