Reisenpartys und Mega-Staus

Umweltfestival, Fanmeile, Fashion-Week: Verkehr auf der Straße des 17. Juni wird ausgebremst

  • Hans-Rüdiger Bein, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Berliner wird in seinem Bewegungsdrang auf Schienen, in der Luft und nun auch bald sechs Wochen lang auf der Straße schwer ausgebremst: Vom 2. Juni bis fast Mitte Juli drohen den Berliner Autofahrern fast ohne Pause Mega-Staus rund um das Brandenburger Tor und die Siegessäule. Eine Riesenparty jagt im touristischen Herzen der Hauptstadt die andere, und Hunderttausende werden herbeiströmen. Für die Fanmeile zur Fußball-EM (8. Juni bis 1. Juli) beginnen die Totalsperrungen schon am 2. Juni, eine Woche vor dem Anpfiff in Polen und der Ukraine.

Erste Verstopfungen auf einer der wichtigsten Verkehrsarterien löst auf der Straße des 17. Juni zuvor schon das Umweltfestival von Grüner Liga, Naturschutzbund und BUND am 3. Juni aus. Ohne Pause in tiefer Nacht beginnen dann die Aufbauten der Fanmeile zur Fußball-EM mit Riesenleinwänden und mehreren Bühnen am Brandenburger Tor. Der erste große Ansturm der Fans wird zum ersten deutschen Spiel am 9. Juni gegen Portugal erwartet.

Auf der anderen Seite, nahe der Siegessäule geht für die Autofahrer auch nichts mehr, denn die Zelte und Catwalks der Fashion Week werden aufgebaut. Die Modemacher, die eigentlich am Brandenburger Tor ihre neuesten Kreationen der internationalen Modewelt zeigen wollten, mussten König Fußball schließlich weichen und zur Siegessäule umziehen. Harald Büttner vom Bezirksamt Mitte, der organisatorisch und sicherheitstechnisch alles unter einen Hut bringen muss, sagte: »Mein lieber Herr Gesangsverein, diesmal kriegen wir wirklich das volle Programm ab.«

Ganz schlimm könnte es am 10. Juni kommen, wenn auch noch Pulks von Breitensport- und Profiradfahrern durch Berlins Innenstadt kurven und Tempo bolzen. Ein ähnlich schwieriger Termin ist der 23. Juni mit dem traditionellen Umzug zum Christopher Street Day, dem Feiertag der Schwulen- und Lesben-Szene mit ebenfalls mehreren Hunderttausenden Party-Gästen. »Alles zusammen ist ein Riesenremmidemmi«, sagt Harald Büttner zu den Planungen. Und für die Party aller Partys würde die Fanmeile am 2. Juli sogar um einen Tag verlängert. Bundestrainer Joachim Löw hatte nämlich schon den Traum der Fans verkündet, wie schön es wäre, als EM-Sieger »wieder einmal in Berlin auf der Fanmeile feiern zu können«.

Sogar der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte Dampf gemacht, damit auch alle schön feiern können. »Das wird als Belästigung empfunden in den Rathäusern und Behörden«, schimpfte er auf die zuständigen Bezirksfürsten. Auch Berlins oberster Tourismuswerber Burkhard Kieker empörte sich über ein »Spießroutenlaufen der Veranstalter bei den Genehmigungs-Behörden«. Auf dem Höhepunkt des Streits hatte der Bezirk sogar durchblicken lassen, die eine oder andere Veranstaltung aus Sicherheitsgründen platzen zu lassen.

Ein Treffen mit Veranstaltern, mit Polizei, Feuerwehr, mit Bezirksamt und Senatsvertretern am vergangenen Donnerstagabend ließ dann aber laut Büttner »grünes Licht leuchten«. Bis auf Details mit Nachbesserungsbedarf sei alles klar.

Eine wichtige noch offene Entscheidung müssen allerdings noch Willy Kausch und Rainer Wohlthat treffen. Bisher ist das klassische Public Viewing nur mit Live-Bildern von deutschen EM-Spielen (9., 13. und 17. Juni) und dann wieder ab Viertelfinale geplant. Mehr konnte eine Sprecherin der Veranstalter noch nicht zusichern. Die Sperrungen bleiben jedoch die ganze EM-Zeit über bestehen. »Wir können ja nicht zwischendurch ab- und wieder aufbauen«, sagt Büttner. Außerdem sei »volle Pulle die ganze Zeit« zu bezahlen.

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