nd-aktuell.de / 13.06.2012 / Politik / Seite 11

Minister Unland und sein Monster

Anzeige gegen Sachsens Finanzressortchef

Tino Moritz, dpa
Sachsens Opposition ist sich einig: Finanzminister Georg Unland (CDU) hat beim Umgang mit Regressforderungen nach dem Niedergang der Sachsen LB Fehler gemacht. Den Minister erwartet neben einer Anzeige womöglich noch weiteres Ungemach.

Dresden. Die Bankvorstände müssen bangen, die Politiker in den Aufsichtsgremien werden hingegen nicht belangt - eineinhalb Jahre nach Verkündung dieses Kurses bei der juristischen Aufarbeitung des Desasters um die Sachsen LB gerät Finanzminister Georg Unland erneut unter Druck. Die Oppositionspolitiker Klaus Bartl (LINKE) und Karl Nolle (SPD) hatten angekündigt, eine gemeinsame Strafanzeige gegen Unland an Generalstaatsanwalt Klaus Fleischmann senden zu wollen.

Hintergrund sind die bislang ausgebliebenen Regressforderungen an einstige Mitglieder der Aufsichtsgremien. »Es geht nicht an, dass der Hofkämmerer für sich entscheidet, wen er belangen will und wen nicht«, sagte Bartl der dpa.

Verdacht der Untreue

Der LINKE-Fraktionsvize hatte die Anzeige gegen Unland wegen des Verdachts der Untreue bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Neu ist nun die Unterstützung durch Nolle - und eine Meldung des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel«, wonach eine Organ-Haftpflichtversicherung offenbar auch für die Mitglieder des Kreditausschusses galt. Eine entsprechende Ausweitung des Versicherungsschutzes war nach dpa vorliegenden Unterlagen im Frühjahr 2006 vereinbart worden. »Da guckt doch das Willkür-Prinzip aus jedem Knopfloch«, kritisierte Bartl. Unlands Argumentation, es gebe ein zu hohes Kostenrisiko für Klagen gegen Mitglieder der Aufsichtsgremien, sei nicht mehr zu halten.

Der Sprecher des Finanzressorts, Stephan Gößl, äußerte sich indes verwundert über die neue Debatte. »Es gibt keine neuen Fakten«, sagte er. Gößl verteidigte noch einmal, warum der Freistaat Schadenersatz lediglich von den Bankern fordert, nicht aber von den Mitgliedern der Aufsichtsgremien. Dazu verwies er darauf, dass die Versicherungssumme in Höhe von 50 Millionen Euro »für alle Sachverhalte und verantwortlichen Personen nur einmal zur Verfügung steht und bereits durch die Vorstandsklagen vollumfänglich in Anspruch genommen wird«. Es bestehe »keine reale Aussicht auf die Erzielung eines zusätzlichen Ausgleichs durch Klagen gegen ehemalige Gremienmitglieder«.

Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau hält hingegen eine Klage des Freistaats etwa gegen Unlands Vorgänger und einstigen Verwaltungsratschef Horst Metz (CDU) nach wie vor für geboten. »Auch Politiker und Sparkassenchefs müssen für ihre Fehler einstehen«, sagte Hermenau der dpa und fügte hinzu: »Es bleibt der Eindruck, dass hier CDU-Parteifreunde verschont werden sollen.« Unland habe seinerzeit »nur das Monstrum eines unkalkulierbar hohen Prozessrisikos« aufbauen wollen, um zu »verschleiern, dass er nicht willens war, die Verantwortlichkeiten gerichtlich feststellen zu lassen«. Im sächsischen Landtag war ein Grünen-Antrag auf Klagen gegen Verwaltungsräte 2011 gescheitert.

Nolle stellte derweil die Frage, ob Unland das Parlament »zu Haftung und Schadensersatz von Kreditausschuss- und Verwaltungsratsmitgliedern« wahrheitsgemäß und umfassend informiert habe - und gab auf dpa-Anfrage bereits eine deutliche Antwort: »Ich befürchte nein.« Er wies zugleich darauf hin, dass der Rechnungshof in seinem Bericht einen Anfangsschaden von rund 360 Millionen Euro ausgemacht habe.

Verfahren gegen Banker

Tatsächlich hat das Bankdesaster den Freistaat bereits Millionen gekostet. Riskante Geschäfte einer Bankentochter hatten sie 2007 an den Rand des Ruins gebracht. Deshalb erfolgte ein Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg. Sachsen bürgt für riskante Papiere mit 2,75 Milliarden Euro. Mehr als 300 Millionen Euro sind bereits fällig geworden.

Den Ex-Vorständen der Bank hatte Unland vorgeworfen, die Verwaltungsräte nicht ausreichend informiert und die Investments mangelhaft überwacht zu haben. Deshalb richtete Sachsen Ende Dezember 2010 Regressansprüche an acht ehemalige Banker, nach Auskunft des Ministeriums laufen die Verfahren noch.