Unter Strom

Philipp Rösler will den Netzausbau beschleunigen - auf Kosten des Naturschutzes und der Bürgerrechte

Die Energiewende kommt nicht so recht voran, nicht zuletzt weil es beim dafür notwendigen Aus- und Umbau der Stromnetze hakt.

»Der Netzentwicklungsplan als Meilenstein der Energiewende«, so hieß am Donnerstag die Aktuelle Stunde im Bundestag. Angesetzt wurde sie von der schwarz-gelben Koalition. Demnach sieht Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) den Bund »absolut im Zeitplan« beim Netzausbau und »beim Umsetzen der Energiewende in Deutschland«. Die Schuld für Verzögerungen sieht er vielmehr bei den Bürgern, die ihm zu viel Klagen, und den Ländern.

Obwohl also laut Rösler alles im Zeitplan ist, sollen Planungen und Umsetzung des Netzausbaus beschleunigt werden. »Schneller planen« und »schneller bauen«, so der Minister im Bundestag. Sein Rezept: Regeln zeitweilig außer Kraft setzen, namentlich Umweltstandards. »Darüber müssen wir mit der EU reden. Auf Fachebene laufen die Gespräche bereits«, sagte er der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. »Dabei geht es vor allem um die Fauna-Flora-Habitat- sowie die Vogelschutz-Richtlinie. Da müssen wir ran.« Nicht nur der Umweltschutz scheint Rösler zu stören, auch die Bürgerrechte sind offensichtlich im Weg . So forderte er am Donnerstag den Klageweg gegen Netzbauprojekte auf eine Instanz zu begrenzen. Aus seiner Sicht reiche das Bundesverwaltungsgericht als einzige Gerichtsinstanz.

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) findet geplante Aufweichung des Naturschutzrechts inakzeptabel: »Minister Rösler will mit der Aushebelung geltenden Rechts - seien es die europäischen Naturschutz-Richtlinien oder das Erneuerbare-Energien-Gesetz - mutwillig verlässliche Rahmenbedingungen und jegliche Planungssicherheit für das Gelingen der Energiewende zerstören. Gleichzeitig verweigert er sich konsequent dem Dialog mit den Umweltverbänden und setzt die gesellschaftliche Akzeptanz für die benötigten Energieinfrastrukturen aufs Spiel«, erklärte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Auch die die Umweltschutz-Organisation BUND findet Röslers Vorstoß »überflüssig«. Für BUND-Chef Hubert Weiger ist vielmehr »eine gescheite Planung« notwendig, an der es jedoch oft hapere.

Für Eva Bulling-Schröter, umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion und Vorsitzende des Umweltausschusses, darf es keinen »Netzausbau nach Gutsherrenart« geben. Es müsse darum gehen, »kluge Trassenführungen im Einvernehmen mit der Bevölkerung und unter Beachtung ökologischer Leitplanken« zu finden. Der Klageweg müsse Bürgerinnen und Bürgern und Verbänden uneingeschränkt offen stehen, so Bulling-Schröter.

Für eine Aufweichung des Naturschutzes müsste sich Rösler mit dem neuen Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) auseinandersetzen, den - plus Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - NABU-Präsident Tschimpke aufforderte »ihrem Koalitionspartner dringend die Grenzen« aufzuzeigen.

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