Hollandes Mehrheit in der Nationalversammlung gilt als sicher

Offen ist nur der Einzug der Front National ins französische Parlament

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Sonntag findet in Frankreich die letzte Runde der Parlamentswahlen statt. Umfragen sagen eine absolute Mehrheit für die Sozialisten voraus.

Zum vierten Mal in zwei Monaten sind die Franzosen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Bei der zweiten Runde der Parlamentswahl am Sonntag geht es um die Sitzverteilung in der Nationalversammlung und damit um den politischen Rückhalt für den sozialistischen Präsidenten François Hollande bei der Umsetzung seiner Vorhaben. Den letzten Umfragen zufolge kann er mit einer deutlichen Mehrheit der Linken und insbesondere der Sozialisten (PS) in der ersten und entscheidenden Kammer des Parlaments rechnen. Die PS einschließlich der zu ihrer Fraktion gehörenden Linken Radikalen und der Bürgerbewegung von Jean-Pierre Chévènement können mit 295 bis 330 Sitzen rechnen. Damit hätten sie mehr als die absolute Mehrheit von 289 Sitzen und wären nicht auf die Unterstützung der Partei der Grünen oder der Linksfront angewiesen.

Die Grünen sollen den Umfragen zufolge zwölf bis 18 Sitze bekommen, was ihnen mit dem Wohlwollen und der Rückendeckung der PS gerade noch die Bildung einer Fraktion ermöglichen könnte, obwohl dafür nach den Statuten des Parlaments 20 Sitze nötig wären. Dagegen dürfte es für die Linksfront aus Kommunisten und Partei der Linken mit voraussichtlich nur acht bis zwölf Sitzen nicht einmal für eine eigene Fraktion reichen, was die parlamentarische Arbeit erheblich einschränkt. So ist damit zu rechnen, dass die Linksfront auch keinen Minister stellen wird, obwohl die Sozialisten das gern sehen würden, um - wie ein Kommentator treffend feststellte - »ihre rosa Regierung mit einigen roten Tupfern zu schmücken und damit für die Volksmassen glaubwürdiger zu machen«. Da die Sozialisten keinerlei Anstalten machten, Forderungen und Anregungen der Linksfront aufzugreifen, können sie auch nicht damit rechnen, dass diese ihnen kritiklos folgt.

Dennoch unterstützte die Linksfront im zweiten Wahlgang überall dort die sozialistischen Kandidaten, wo sie als aussichtsreichste Vertreter der Linken die Anwärter der rechten Einheitspartei UMP oder der rechtsextremen Front National (FN) schlagen könnten. Beispielsweise hat Jean-Luc Mélenchon im Wahlkreis Hénin-Beaumont, wo er im ersten Wahlgang nur auf den dritten Platz kam und ausschied, in den vergangenen Tagen intensiv Wahlkampf für den sozialistischen Kandidaten gemacht, um den Parlamentseinzug der FN-Parteiführerin Marine Le Pen zu verhindern.

Der könnte allerdings ihrer Nichte Marion Maréchal-Le Pen im Wahlkreis Vaucluse gelingen. Die dortige PS-Kandidatin ist nicht zugunsten des örtlichen UMP-Kandidaten zurückgetreten und hat damit die von der eigenen Parteiführung beschworene Bildung einer »Republikanischen Front« gegen die Rechtsextremen torpediert. Ob mit Marion Maréchal-Le Pen erstmals seit 1988 eine FN-Abgeordnete im Parlament sitzen und dies womöglich noch ein oder zwei weiteren Kandidaten ihrer Partei gelingen wird, gehört zu den letzten offenen Fragen dieser Wahl.

Die rechte Einheitspartei UMP hatte eine »Republikanische Front« gegen die FN abgelehnt - sie will eigene Kandidaten nicht zurückziehen und zur Wahl von linken Politikern aufrufen, um einen Sieg der FN zu verhindern. Sie stellt die Sozialisten und die Rechtsextremen praktisch auf eine Stufe, denn die Wahldirektive lautet, im Falle einer Konfrontation mit der FN weder für die Kandidaten der einen noch der anderen zu stimmen. Mehr noch, in ihrer Wahlpropaganda gegen Hollande und seine PS wirft die UMP ihnen vor, sie machten sich »von den Extremisten der Linksfront abhängig«, die um keinen Deut besser seien als die rechtsextreme FN.

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