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Im Rittergut wird o‘zapft
Das »1. Thüringer Münchener Oktoberfest« in der Kurstadt Bad Berka
Wo man auch immer die Kurstadt verlässt, befindet man sich im 150 Quadratkilometer großen Landschaftsschutzgebiet »Mittleres Ilmtal«. Das Rathaus wirbt für Bad Berka als »Zentrum medizinischer Kompetenz der hochmodernen Akut- und Rehabilitationskliniken«. Bereits um 1813 hatte man hier Heilwasserquellen entdeckt. Am Werden und Wachsen des Areals zu einer Kuranlage war auch Johann Wolfgang von Goethe beteiligt. Weshalb Berka den Namen Goethe-Bad trägt und auch der Heilbrunnen nach dem genialen Dichter benannt ist.
Der Kurerfolg hängt aber nicht allein von den Fähigkeiten der Ärzte, Schwestern und Pfleger ab, sondern auch von einem zweckdienlichen Umfeld und vor allem auch von den Patienten selbst. Die vielen Ausstellungen, Konzerte und fröhliche Feste sollen »Geist und Seele« anregen, die Sportanlagen und die auf etwa 150 Kilometer angelegten Wander-, Rad- und Walkingwege durch Wald und über Wiese den Kurerfolg fördern.
Vom Rittergut des 1836 eingemeindeten München - eine Siedlung, in der nicht einmal 100 Bürger wohnen - werden gar geführte und reichlich genutzte Wanderungen mit einer Herde Alpakas angeboten. Bundesweit empfehlen nicht wenige Ärzte den Umgang mit ihnen für die sogenannte tiergestützte Therapie. Manche Mediziner schwören darauf, dass allein das ständige Summen der Alpakas und der Blick in die großen dunklen Augen Körper und Seele beruhigen.
Zum Kurprogramm gehört auch Entspannung bei möglichst vielen Veranstaltungen. Zuletzt gab es Volksliederabende und Ehrungen für Pfarrer Kneipp anlässlich seines 191. Geburtstages sowie das »Parkgeflüster«, eine Licht- und Klang-Show, die bis zum 23. September fortgeführt wird.
Und nun soll im Rittergut München eine neue Tradition für Bad Berka und die Region begründet werden. Denn vom 13. bis zum 16. September wird es das »1. Thüringer Münchener Oktoberfest« geben. Es bleibt noch ein wenig Zeit, bis das großräumige für 400 Gäste ausgelegte Zelt aufgebaut werden muss. Doch in den Gemäuern des Rittergutes wird bereits seit Wochen an dem Projekt gearbeitet. Derzeit geht es noch darum, Verträge mit Künstlern, Händlern und Sponsoren zu schließen, mit ihnen zugleich Programm und Konzept zu erörtern.
Man muss schauen, dass für die vier Tage genügend Personal vorhanden ist. Die 35 Rittersleut‘, die sonst hier neben der sechsköpfigen Betreiber-Familie arbeiten, werden ganz sicher nicht ausreichen. Die Zahl der Parkplätze sowieso nicht. Deswegen soll ein Gutteil der anrückenden Fahrzeuge auch in den umliegenden Ortschaften und Ortsteilen abgestellt werden müssen. Von und nach dort fährt dann in einem noch nicht feststehenden Takt ein Shuttle. Und weil dieses München einen eigenen und auch so heißenden Hauptbahnhof sein eigen nennt, vermag man zudem per Zug das Oktoberfest erreichen. Alle Stunde hält einer direkt gegenüber dem Rittergut.
Ganz nebenbei geht bis dahin und während des Oktoberfestes der gewohnte Betrieb weiter - artgerechte Tierzucht und -show, Streichelzoo, Hofladen, Gastronomie, Ferienwohnungen und Pension. »Wir rechnen mit 12- bis 15 000 Besuchern«, sagt Geschäftsführer Heiko Ritschel dem »nd«. Die Thüringer gelten als feierfreudiges Völkchen, das sich allzu gern um den Grill versammelt, um bei Bratwurst, Rostbrätl und einem kühlen Bier über Gott und die Welt zu reflektieren und zu philosophieren. Insofern dürfte das geplante Oktoberfest zwischen den Gemäuern des Ritterhofs auch in den nächsten Jahren gute Chancen besitzen, so Ritschel.
Das ursprüngliche bayerische Oktoberfest ist nun schon reichlich 200 Jahre alt und fußt auf dem Brauchtum, den restlichen Beständen des eingelagerten Märzenbiers vor der nächsten Brausaison den Garaus zu machen, wie es in der »bayerischen Geschichtsschreibung« heißt. Das Ritual ist seither vielerorts nachgeahmt worden. So in Berlin oder Hannover. Bundesweit nicht wenige Dörfer pflegen das Spektakel auf der Wies´n. Selbst in Brasilien, in den USA, in Japan und anderen Ländern hüpft man aus selbigem Anlass im Dirndl und in trägerbestückten Lederhosen umher.
Das Fest im Rittergut soll allerdings keine bloße Kopie bayerischer Bräuche und Lebensart sein. Natürlich wird es die üblichen Brezeln geben, zudem Weißwurst und Schweinshaxen, die Maß mit Bier aus der Landeshauptstadt München und dergleichen mehr. Aber auch die im Thüringischen gewohnten Produkte, einschließlich des nach originalem Rezept hergestellten Goldbroilers aus DDR-Zeiten, die anderen bereits genannten Grillspezialitäten und den Gerstensaft aus der Brauerei um die Ecke, meint Ritschel. Für jeden also das, wonach ihm gerade ist.
Anders als in der bayerischen Landeshauptstadt will man im Rittergut die Preise eher moderat halten. Der Eintritt für das Festgelände wird wahrscheinlich vier Euro kosten, ein Sitzplatz im Festzelt zehn Euro. Eine Reservierung scheint nützlich, denn die Abendveranstaltung vom 16. September ist bereits ausverkauft, wie man sich im Internet informieren kann. Den Anstich des Bierfasses am gleichen Tag um 11 Uhr wird wohl der Bürgermeister von Bad Berka vornehmen. »O´zapft is´« - nicht die Maß an sich, aber Bier in Maßen soll ja sogar ganz gesund sein.
www.bad-berka.de; Rittergut München, Tonndorfer Straße 3-4, 99438 München, Tel.: (036458) 4 77 48; www.rittergut-muenchen.de; www.oktoberfest.rittergut-muenchen.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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