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BER-Fiasko

Bund muss möglicherweise Geld nachschießen

  • Lesedauer: 3 Min.
Wie sollen die Milliarden für den neuen Hauptstadtflughafen aufgebracht werden? Möglicherweise muss der Bund noch tiefer in die Tasche greifen. Ins Visier geraten sind nun auch Boni für die Flughafen-Geschäftsführung

Berlin (dpa/bb) - Angesichts des Milliardenlochs beim künftigen Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg (BER) ist derzeit nicht ausgeschlossen, dass der Bund Geld nachschießen muss. Das sagte der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Rainer Bomba (CDU), am Mittwoch im nicht-öffentlich tagenden Verkehrsausschuss des Bundestages. Zum möglichen Umfang konnte Bomba nichts sagen, wie es in einer Mitteilung des Bundestages hieß. Der Bund gehört mit 26 Prozent der Anteile zu den Flughafen-Gesellschaftern. Die Länder Berlin und Brandenburg halten jeweils 37 Prozent.

Mehrkosten bei bis zu 1,17 Milliarden Euro

Am Freitag war nach einer Sitzung des Flughafen-Aufsichtsrates bekanntgeworden, dass die Mehrkosten bei bis zu 1,17 Milliarden Euro liegen könnten. Das bedeutet, dass das Gesamtprojekt etwa 4,2 Milliarden Euro verschlingen würde. Der Finanzrahmen für den Flughafen liegt bisher bei 3,36 Milliarden Euro - davon stammen 2,4 Milliarden Euro aus Krediten. Von den Gesellschaftern Bund, Berlin und Brandenburg kommen 430 Millionen Euro, die Flughafengesellschaft will bisher eigene Mittel von 530 Millionen Euro beisteuern.


Neben Bomba stand Flughafenchef Rainer Schwarz den Abgeordneten im Verkehrsausschuss Rede und Antwort. Er habe über das Ergebnis der Aufsichtsratssitzung informiert, berichtete Flughafen-Sprecher Leif Erichsen. Bis zum August soll die Gesellschaft ein Konzept zur Kostenfinanzierung vorlegen. «Dem können wir nicht vorgreifen», sagte der Sprecher. Eine Möglichkeit wäre, weitere Kredite aufzunehmen. Nach der Aufsichtsratssitzung war auch bekanntgeworden, dass der bereits zum zweiten Mal verschobene Eröffnungstermin unter Vorbehalt steht. Ob der Flughafen BER tatsächlich am 17. März 2013 - statt am 3. Juni dieses Jahres - in Betrieb gehen kann, soll ebenfalls bis August geprüft werden.

Falls es zu einer erneuten Verschiebung kommt, wäre es laut Schwarz «unproblematisch, weiterhin auf die Flughäfen in Tegel und in Schönefeld auszuweichen», wie es in der Bundestagsmitteilung hieß. «So, wie es jetzt geregelt ist, funktioniert es.» Weiter wird Schwarz zitiert: «Und wenn es bis heute geht, dann wird es auch dann gehen.»

Der Flughafen war nicht nur Thema im Verkehrssauschuss. Am Nachmittag wurde im Haushaltsausschuss des Bundestages darüber hinaus der Aufsichtsratsvorsitzende, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), erwartet.

Bonuszahlungen im Visier

Ins Visier geraten sind mittlerweile auch Bonuszahlungen an die Flughafen-Geschäftsführung in Höhe von insgesamt 71 000 Euro. Die Summe sei im Juli 2011 geflossen, sagte Flughafen-Sprecher Leif Erichsen der Nachrichtenagentur dpa. Flughafenchef Rainer Schwarz bekam dem Geschäftsbericht 2011 zufolge 37 000 Euro, der mittlerweile wegen des Eröffnungsdebakels entlassene Technikchef Manfred Körtgen 34 000 Euro - zusätzlich zur Grundvergütung von 318 000 Euro für Schwarz und 247 000 Euro für Körtgen.

Erichsen sagte, dass sie nicht den vollen Bonus von jeweils 50 000 Euro bekommen hätten - weil verschiedene Ziele nicht erreicht worden seien. Ob damit auch die erste Verschiebung des für November 2011 geplanten Eröffnungstermins auf 3. Juni gemeint ist, sagte der Sprecher nicht und verwies auf Interna. Grund für diese erste Verschiebung waren die Pleite einer Planungsfirma und verschärfte Sicherheitsbestimmungen. Die zuletzt geplatzte Eröffnung geht auf Probleme mit dem Brandschutz zurück. Die Flughafengesellschaft wies zugleich Medienberichte zurück, wonach die Boni in jüngerer Zeit beschlossen wurden. «Weder im Dezember 2011 noch im April 2012 sind Boni für die Geschäftsführung beschlossen worden», sagte der Sprecher. «Die diskutierten Bonuszahlungen an die Geschäftsführung sind für das Jahr 2010 und wurden bereits Mitte 2011 genehmigt und ausgezahlt.»

Die Mehrkostenrechnung des Hauptstadtflughafens

Bisheriger Stand Gesamtkosten: 3,1 Milliarden Euro

  • plus 110 Millionen Euro für den längeren Betrieb in Tegel und Schönefeld bis zum geplanten BER-Start am 17. März 2013
  • plus 276 Millionen Euro für Mehrkosten beim Bau
  • plus 5 Millionen Euro für schon feststehende Vertragsstrafen
  • plus 195 Millionen Euro für Risikovorsorge
  • plus bis zu 591 Millionen Euro für erweiterten Lärmschutz

Summe Mehrkosten: bis zu 1,177 Milliarden Euro
Neuer Stand Gesamtkosten: bis zu 4,277 Milliarden Euro

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