Chronologie der Euro-Krise

  • Lesedauer: 4 Min.
Erneut soll ab heute ein EU-Gipfel Auswege aus der Euro-Krise aufzeigen. Diese hält Europa schon seit Jahren in Atem. Eine Chronologie.
Februar 2009: Die Risikoaufschläge österreichischer Staatsanleihen gehen in die Höhe. An den Finanzmärkten wird spekuliert, ob der Staat finanziell in der Lage wäre, falls nötig die heimischen Banken zu stützen. Diese sind stark in Osteuropa engagiert, das besonders hart von der Weltwirtschaftskrise getroffen ist.

Oktober 2009: Die neue sozialistische Regierung in Griechenland entdeckt geschönte Haushaltsbilanzen. Das Defizit ist rund doppelt so hoch wie bisher angegeben. Dies kommt zur Unzeit: Schon in den Monaten davor war es für südeuropäische Länder teurer geworden, Kredite aufzunehmen – als Folge von Spekulationen. Die Einführung von Eurobonds wird ins Gespräch gebracht.

Dezember 2009: Fitch stuft als erste Ratingagentur die Kreditwürdigkeit Griechenlands herab. Die Risikoaufschläge steigen weiter.

25. März 2010: Die Euroländer sagen Athen vorsorglich ein Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu.

2. Mai 2010: Griechenland droht akut die Insolvenz. Die Eurogruppe beschließt bilaterale Notkredite von 110 Milliarden Euro und verlangt einen harten Sparkurs. Um ein Übergreifen auf andere Länder zu vermeiden, wird der erste »Rettungsschirm« EFSF gespannt. Dieser Fonds hat ein Garantievolumen von bis zu 440 Milliarden Euro. Die EU-Kommission steuert zusätzlich 60 Milliarden Euro bei, der IWF nochmals 250 Milliarden Euro.

10. Mai 2010: Die Europäische Zen-tralbank (EZB) beschließt, am Sekundärmarkt Staatsanleihen kriselnder Staaten aufzukaufen. Sie will verhindern, dass diese Länder ihre Schulden nicht mehr bedienen können, weil die Anleihezinsen immer weiter steigen.

21. November 2010: Als erstes EU-Land schlüpft Irland unter den EFSF. Europäer und IWF schnüren ein Hilfspaket von 85 Milliarden Euro.

16. Dezember 2010: Ein EU-Gipfel beschließt den permanenten Rettungsschirm ESM für die Zeit ab 2013, dessen Start später auf Juli 2012 vorgezogen wird. Er soll mit 500 Milliarden Euro an verfügbaren Notkrediten ausgestattet werden. Um den Schutzwall zu erhöhen, wird das maximale Hilfsvolumen im März 2012 auf rund 800 Milliarden Euro ausgeweitet.

25. März 2011: Ein EU-Gipfel verabschiedet ein Paket zur Überwindung der Schuldenkrise. Dazu gehören neben dem permanenten Rettungsschirm eine Verschärfung des Stabilitätspakts und ein neuer »Euro-Pakt-Plus«, mit dem sich die Regierungschefs zu »Strukturreformen« etwa bei Löhnen und Renten verpflichten. Die EFSF-Garantien werden ausgeweitet, damit der Fonds bis zu 440 Milliarden Euro an Krediten auszahlen kann.

8. April 2011: Die EU setzt für Portugal ein Rettungspaket von 80 Milliarden Euro in Gang.

29. Juni 2011: Das Parlament in Athen nimmt ein radikales Sparpaket der Regierung an – Voraussetzung für eine Teilzahlung aus dem Hilfspaket.

21. Juli 2011: Die Euroländer einigen sich bei einem Krisengipfel auf ein zweites Hilfspaket für Athen von 109 Milliarden. Private Gläubiger sollen freiwillig auf 21 Prozent ihrer Ansprüche verzichten.

8. August 2011: Die EZB kauft erstmals auch italienische und spanische Staatsanleihen am Sekundärmarkt.

27. Oktober 2011: Euroländer und Banken einigen sich auf eine Entschuldung für Athen und das zweite Rettungspaket von 130 Milliarden Euro. Gegen die harten Sparauflagen gibt es massive Proteste.

November 2011: EZB-Chef Mario Draghi startet ein neues umfangreiches Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen, um ein Übergreifen der Krise auf Spanien und Italien zu verhindern. Politische Turbulenzen in Athen und Rom: Die Regierungen treten zurück. Neuer griechischer Premier einer großen Koalition wird der ehemalige Notenbanker Loukas Papadimos. italienischer Ministerpräsident wird Ex-EU-Kommissar Mario Monti.

9. Dezember 2011: Alle EU-Mitglieder mit Ausnahme Großbritanniens einigen sich auf einen Fiskalpakt, der strenge Obergrenzen für die Staatsschulden einschließlich automatischer Sanktionen für Länder vorsieht, die die Regeln brechen.

21. Dezember 2011: In einer ungewöhnlichen Aktion verleiht die EZB die gewaltige Summe von 489 Milliarden Euro an insgesamt 523 Banken zum Niedrigzins und mit drei Jahren Laufzeit. Die Aktion wird im Februar 2012 wiederholt, diesmal werden die Banken mit 530 Milliarden Euro entflutet. Die Krise entschärft sich spürbar – die Zinsen der Krisenstaaten gehen deutlich in den Keller.

12. Februar 2012: Das Parlament in Athen billigt die von den internationalen Geldgebern geforderte Verschärfung des Sparprogramms.

21. Februar 2012: Die Länder der Eurozone geben grünes Licht für das 130-Milliarden-Hilfspaket. Voraussetzung für die Freigabe ist aber ein Erfolg des Schuldenschnittes.

2. März 2012: Der Europäische Fiskalpakt wird von den Regierungen aller EU-Staaten außer dem Vereinigten Königreich und Tschechien unterzeichnet.

9. März 2012: Mit der größten Staatsumschuldung aller Zeiten verschafft sich Griechenland Luft im Kampf gegen die Pleite. Athen meldet eine breite Beteiligung am Schuldenschnitt, der das Land um mehr als 100 Milliarden Euro entlasten wird. Die Euro-Finanzminister geben umgehend die erste Tranche des neuen Hilfspakets frei.

30. März 2012: Die Euro-Finanzminister beschließen, den Euro-Schutzwall auf rund 800 Milliarden Euro auszuweiten.

25. Mai 2012: Das spanische Sparkassenkonglomerat Bankia benötigt 19 Milliarden Euro an Staatshilfe.

Juni 2012: Mit Spanien und Zypern stellen zwei weitere Eurostaaten Anträge auf Finanzhilfen aus dem EU-Rettungsfonds. Hier gibt es eine Besonderheit – das Geld soll für strauchelnde Banken aufgenommen werden.
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