Kunsthalle nicht in Potsdam-Mitte

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Nach der endgültigen Absage des Kunstmäzens Hasso Plattner tragen jene Trauer, die es mit dem Abriss des DDR-Interhotels (heute:»Mercure«) eilig hatten. Aber auch in diesem Stadium entwickeln sie keinen Sinn dafür, dass sie selbst die Schuld an diesem Debakel tragen. Auch wenn es in der Potsdamer Medienöffentlichkeit anders behauptet wird: Es ist nicht wahr, dass Hasso Plattner die von ihm angebotenen Kunsthalle auf den Trümmern des Mercure-Hotels errichten wollte und nur die LINKEN dies verhindert hätten. Vielmehr gab es von seiner Seite ein großherziges und was den Standort betraf, offenes Angebot dazu. Aber jene, denen der markante Bau aus DDR-Tagen schon immer ein Dorn im Auge war, witterten hier die Chance, ihrem eigentlichen Ziel einen großen Schritt näher zu kommen: Dem Tilgen der DDR-Phase aus dem Bild der Potsdamer Innenstadt.

Und ihr handstreichartig durchgeführtes Unternehmen ist schief gegangen. Wie konnte es auch glaubwürdig sein, dieses in Windeseile zusammengestoppelte Gutachten, wonach nur auf dem Gelände gegenüber den Landtagsschluss eine solche Halle entstehen könne? In den vergangene 23 Jahren hatten die Abrissbefürworter für die DDR-Phase dieser Stadt nichts als Verachtung übrig. Das konnte nicht ohne Wirkung bleiben. Sie haben sich nie für die schwierigen Umstände interessiert, unter denen bis 1989 Stadtpolitik getrieben werden musste. Und eben auch nicht fair einbezogen, dass es auf der ganzen Welt einmal eine andere Vorstellung von einem schönen Stadtbild gegeben hatte, nicht nur in Potsdam.

Sicherlich ist vieles der »Perle Potsdam« damals nicht gerecht geworden. Aber ist deswegen in dieser Zeit gar nichts geschehen? Noch im Jahr 1989, hat die SED in Potsdam knapp 1000 neue und bezahlbare Wohnungen an ihre Mieter übergeben, verbunden mit den dazugehörenden Straßen, Kindergärten, Schulen, Gaststätten und Arztpraxen. Und ein Viertel des Holländischen Viertels war dennoch saniert. Wir wollen den Oberbürgermeister Jann Jakobs nicht mit der Frage in Verlegenheit bringen, wie viele neue und bezahlbare Wohnungen er im laufenden Jahr zu übergeben gedenkt. Andere Zeiten, andere Regeln, das wissen wir auch. Aber etwas mehr Respekt vor den Leistungen der Älteren wäre hier angezeigt.

Es ist zunächst nicht weiter tragisch, wenn die verschiedenen Phasen der Stadtentwicklung nebeneinander stehen und sich ineinander spiegeln. Durch die Debatte ist das Mercure nun vielleicht das geworden, was es zuvor nicht war: ein Kunstobjekt.

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