Es entfällt die bisher übliche Rückdatierung

Änderungen bei der Hauptuntersuchung (HU) ab 1. Juli 2012

  • Lesedauer: 3 Min.
Der Weg zu der seit 1951 gesetzlich vorgeschriebenen periodischen Hauptuntersuchung (HU) ist für viele Autofahrer keine Spazierfahrt. Welche Mängel werden die Prüfer finden? Gibt es die neue Plakette auf Anhieb?

Derartige Sorgen fallen umso geringer aus, je besser das Fahrzeug gepflegt und gewartet wird. Längst fahnden die Prüfingenieure nicht nur nach altbekannten Klassikern auf den Mängellisten, wie Rostlöchern, undichten Ölwannen, abgefahrenen Reifen, schadhaften Bremsschläuchen und defekter Beleuchtung.

Die zunehmende Elektronisierung der Fahrzeuge erfordert neue gesetzliche Regelungen und Prüftechniken. Nunmehr treten zum 1. Juli 2012 Änderungen im § 29 StVZO bei der Hauptuntersuchung (HU) in Kraft, über die der Auto- und Reiseclub Deutschland (ARCD) informiert.

Künftig entfällt die bisher übliche Rückdatierung, wenn das Fahrzeug zu spät zu den Prüfern rollt. Dann gilt der Tag der Hauptuntersuchung als Stichtag für den nächsten Prüftermin. Wer den Termin um mehr als zwei Monate überzieht, zahlt einen rund 20-prozentigen Aufschlag auf die Prüfgebühr wegen der notwendigen »vertieften Prüfung«.

Für den ARCD ist dies ein unnötiger Aufschlag. »Es ist nicht einzusehen, dass ein verspätet vorgeführtes Fahrzeug eine gründlichere Prüfung braucht als die vorgeschriebene«, kritisiert ARCD-Sprecher Josef Harrer.

Säumige HU-Kunden würden ohnedies wie bisher mit Bußgeldern und Punkteinträgen je nach Zeitspanne der Überziehung bestraft. Laut der Homepage des Verkehrsministeriums werden bei einer Fristüberschreitung ab zwei bis zu vier Monaten 15 Euro, ab vier bis zu acht Monaten 25 Euro Bußgeld fällig. Bei Verspätung um mehr als acht Monate steigt das fällige Bußgeld auf 40 Euro - und zwei Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei gibt es obendrauf.

Neu ist die Regelung, dass der Prüfer das Fahrzeug zur Probe fährt. Für ab Juli 2013 neu zugelassene Fahrzeuge ist künftig zudem eine Schnittstelle an Bord für das elektronische Auslesen von Diagnosedaten zwingend vorgeschrieben.

Der ARCD begrüßt als weitere Neuerung, dass die Prüforganisationen ab Juli detaillierte Mängelberichte nach einem einheitlichen Kriterienkatalog vorlegen müssen. Die vergleichbaren Mängeldaten aller Prüforganisationen können so zu einer Art »Generalmängelliste« für Deutschland zusammengefasst und später mit harmonisierten Mängelstatistiken in anderen europäischen Ländern verglichen werden. Für Kraftfahrer ist von Vorteil, dass sie künftig mit dem Prüfbericht eine eindeutige Mängelbeschreibung und damit konkrete Reparaturhinweise für die Werkstatt erhalten.

Nun sind in diesen Tagen auch Überlegungen der EU-Kommission bekannt geworden, die Prüfintervalle zu verkürzen. Der ARCD hält ebenso wie Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer wenig davon. Das brächte nur mehr Bürokratie, höhere Kosten, aber keinen nachweisbaren Zugewinn bei der Verkehrssicherheit.

Die EU-Kommissionäre beabsichtigen, die bisherige Richtlinie 2009/40/EG »durch eine EU-Verordnung mit dem Ziel einer EU-weiten Angleichung des Niveaus der regelmäßigen technischen Überwachung zu ersetzen«, wie das Bundesverkehrsministerium mitteilte.

Geplant ist die neue EU-Verordnung ab 2015. Dabei sieht der vorliegende Entwurf für neue Pkw eine erste Hauptuntersuchung nach vier Jahren vor, eine weitere nach zwei und danach eine jährliche Prüfung. Auch Autos mit einem Kilometerstand ab 160 000 Kilometern wären jedes Jahr erneut dran, ebenso Taxis oder andere stark genutzte Fahrzeuge wie zum Beispiel Notarztwagen.

Der »Pferdefuß«, so das Bundesverkehrsministerium, liege in der Umwandlung der bisherigen Richtlinie in die Form einer Verordnung. Sie lässt den Mitgliedsstaaten bei der nationalen Ausgestaltung viel weniger Spielraum als eine Richtlinie.

Befürchtet wird zudem, dass nebenbei auch der Privatisierung der Prüfungen Vorschub geleistet werde. Denn es sollen Untersuchung durch staatliche Stellen (wie TÜV oder Dekra) wie auch durch private Anbieter (Kfz-Werkstätten) erlaubt werden.

Der ARCD hingegen hält eine strikte Beibehaltung der Trennung von Prüfung und Reparatur für wichtig. Schon heute fahren nach Handwerksangaben rund 80 Prozent der Autofahrer ihr Fahrzeug für die periodische Hauptuntersuchung in eine Kfz-Werkstatt und nicht zu einer Prüfstation.

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