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Keine Geldpumpe für die Banken

Der SPD-Abgeordnete Klaus Barthel will die »Spanien-Hilfen« im Bundestag ablehnen

  • Lesedauer: 4 Min.

nd: Werden Sie am Donnerstag im Bundestag den Hilfen für spanische Banken zustimmen?
Klaus Barthel: Auf Grundlage meiner jetzigen Informationen, die ich zu dem Thema habe, kann ich das ausschließen. Wenn es keinen grundlegenden Richtungswechsel in der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik gibt, schmeißen wir wieder einmal nur gutes Geld dem schlechten hinterher. Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch die EU-Kommission lassen keine Anzeichen erkennen, von ihrem bisherigen Kurs abzuweichen.

Sie gehören mit Ihrem Abstimmungsverhalten in der SPD-Fraktion voraussichtlich zu einer Minderheit.
Das kann durchaus sein. Aber die Bundestagsfraktion hat sich noch nicht entschieden. Das wird am Donnerstag vor der Bundestagsabstimmung auf einer gemeinsamen Sitzung erfolgen. Dort wird auch sicherlich kontrovers diskutiert, dass durch eine Neuerung im europäischen Rettungsgeschehen im Falle Spaniens nun das Geld ohne Umweg über den Staat an die Banken geht. Aber vielleicht gibt es bis zur Sitzung am Donnerstag noch Aufklärung darüber, ob - wie zuletzt verbreitet wurde - wirklich der spanische Staat für die Gelder haften wird.

Was würde passieren, wenn die spanischen Banken keine Hilfen von der Europäischen Union erhalten?
Dann muss man sich eben etwas Vernünftiges einfallen lassen, anstelle einer Geldpumpe für die Banken. Die immensen Summen von zunächst 32, dann über 60 und womöglich sogar bis zu 100 Milliarden Euro machen deutlich, dass die spanischen Banken immer weiter gestützt werden müssen.

Also wird durch die Bankenhilfe alles nur noch schlimmer?
Zumindest bringt sie keinerlei Lösungsansatz. Die Schulden wachsen, weil die Wirtschaft in den Krisenstaaten wegbricht. Deswegen ist es wichtig, dass Geld für die Realwirtschaft eingesetzt wird, um in Ländern wie Spanien oder Griechenland, die in einer tiefen Rezession stecken, die Binnennachfrage wieder zu stärken. Durch immer neue Sparprogramme und ein Festschreiben der Austeritätspolitik wird sich die Wirtschaftskrise aber nur verschlimmern.

Sie plädieren also für eine Art Marshall-Plan für die Krisenländer?
Das muss man nicht unbedingt so nennen. Investitionen in die Wirtschaft sind wichtig. Zudem muss die Europäische Union aber auch deutlich machen, dass sie Spekulationen gegen Staaten und gegen die gemeinsame Währung mit allen Mitteln entgegentritt. Das heißt beispielsweise, die Europäische Zentralbank endlich zu einer normalen Zentralbank eines einheitlichen Währungsgebietes, wie in aller Welt üblich, zu machen, und den dauerhaften Rettungsschirm ESM mit einer Banklizenz auszustatten. Nur dann kann man den Brand ersticken, statt ihm mit neuen Rettungsmilliarden neue Nahrung zu geben. Stattdessen setzt die Bundesregierung auf europäischer Ebene genau das Gegenteil von dem durch, was sie in der Krise 2008 in der Großen Koalition in der Bundesrepublik gemacht hat. Damals wurden die Spekulationen durch den staatlichen Rettungsfonds Soffin abgewendet und durch Kurzarbeit sowie zwei Konjunkturprogramme die Wirtschaft wieder angekurbelt.


Rettung nur unter Auflagen

Dieser Tage unterbrachen zahlreiche Abgeordnete ihren Sommerurlaub, um heute in einer Sondersitzung des Bundestages über Kredite für marode spanische Banken abzustimmen. Die symbolisch wichtige eigene Kanzlermehrheit von mindestens 311 der 620 möglichen Stimmen hatte Angela Merkel zuletzt in der Euro-Krisenpolitik zweimal verfehlt. Weil nun erneut mit einigen Abweichlern im Regierungslager gerechnet wird, strebt Merkel nur eine einfache Mehrheit an. Hoffen kann die Kanzlerin auch auf Stimmen der Sozialdemokraten, deren Spitzenpolitiker bereits indirekt ihre Zustimmung signalisiert haben.

Die Bundesregierung braucht die Zustimmung des Bundestages, damit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf europäischer Ebene den Maßnahmen zustimmen kann. Die Eurogruppe soll am Freitag über die Finanzhilfen beraten.

Kurz vor der Abstimmung im Bundestag diskutierten die Parlamentarier noch einmal im Eiltempo über die »Spanien-Hilfen«. Gestern Nachmittag befassten sich der Wirtschafts- und der Finanzausschuss des Bundestages mit dem Thema. Am Abend tagte der Haushaltsausschuss in geheimer Sitzung. Heute werden dann vor der Abstimmung im Plenum die jeweiligen Fraktionen intern zu Gesprächen zusammenkommen. Dabei wird es auch um die Bedingungen gehen, an die die Kredite geknüpft sind. Viele Abgeordnete wollten prüfen, ob diese Auflagen wirklich streng genug sind, um den Zahlungen zustimmen zu können. Ein Blick auf die von den 17 Euro-Finanzministern in einer Absichtserklärung, einem sogenannten Memorandum of Understanding, festgehaltenen Bedingungen macht deutlich, dass die ebenso unsoziale wie erfolglose europäische Krisenpolitik fortgesetzt werden soll. Insgesamt geht es um Kredite von bis zu 100 Milliarden Euro. Im Gegenzug sollen die Spanier Restrukturierungspläne für die einzelnen Banken vorlegen. Die spanische Zentralbank verpflichtet sich, die Verwendung der Mittel gegenüber EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und einem Gremium der Eurogruppe zu begründen. Zudem muss Spanien harte Sparvorgaben erfüllen. Infolge dessen hat die konservative Regierung bereits zahlreiche neoliberale Reformen erlassen.

Auch deswegen lehnt die LINKE die »Spanien-Hilfen« ab. Stattdessen forderte sie gestern gemeinsam mit der Vereinigten Linken Spaniens ein Ende des »sozialen Kahlschlags« sowie »Banken ohne Spekulationen in öffentlichem Eigentum und unter öffentlicher Kontrolle«. Aert van Riel

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