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Ein komischer Termin

In Niedersachsen wird am 20. Januar 2013 der Landtag gewählt - die Parteien gehen in Stellung

  • Marco Hadem, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Sechs Monate vor der Landtagswahl hat in Niedersachsen der Wahlkampf schon begonnen - ein bisschen zumindest. Keine Partei will im Januar den Auftakt ins wichtige Bundestagswahljahr 2013 vermasseln.

Hannover. Auch wenn es niemand zugibt: Sechs Monate vor der Landtagswahl hat der Wahlkampf in Niedersachsen längst begonnen. SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil lacht zumindest den Hannoveranern seit Anfang des Monats vom ersten Großplakat zu, die CDU präsentierte ihre Politprominenz bereits seit März in Diskussionsveranstaltungen. Und Grüne, FDP, LINKE und Piraten gaben sich zuletzt auf ihren Parteitagen siegessicher für die Wahl am 20. Januar 2013, die über Niedersachsen hinaus Bedeutung hat.

Auch die Bundespolitik im fernen Berlin schielt mit einem Auge nach Hannover, denn die Niedersachsen-Wahl ist der erste politische Stimmungstest im Bundestagswahljahr 2013. Verlieren CDU und FDP, ist nicht nur die schwarz-gelbe Mehrheit von Ministerpräsident David McAllister (CDU) im Landtag an der Leine futsch. Es könnte auch Anhaltspunkte für die politische Zukunft von Schwarz-Gelb in Berlin im September und damit auch für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geben.

Kein Wunder also, dass im Kampf um die Wählergunst niemand den Anschluss verpassen will. Offiziell ist dies aber noch kein Thema. »2012 ist das Jahr der Sacharbeit - es gibt nur einen kurzen, intensiven Wahlkampf«, sagt McAllister. »Die Menschen haben kein Interesse, dass die Politik sich ein Jahr lang die Köpfe einschlägt.« Aus Weils Sicht wird es aufgrund des »komischen Termins« kurz nach Weihnachten nur »zwei wirklich heiße Wochen« im Januar geben.

Der Politikwissenschaftler Wichard Woyke von der Universität Münster sieht im taktierenden Warmlaufen der Parteien Gefahr wie Chance. »Wahlkampf hat ja auch die Funktion, den Wählern zu sagen, dass sie bald ihre Stimmen abgeben dürfen und sollen.« Ein zu früher Wahlkampf könne aber das Gegenteil bewirken. »Niemand kann den Wählern dies über viele Monate zumuten. Das Desinteresse würde dann schnell wachsen.«

Angesichts der bundespolitischen Bedeutung der niedersächsischen Landtagswahl wächst die Nervosität in Hannover. Im Landtag werfen sich die Redner immer häufiger »politisches Kalkül« und »unsachlichen Vorwahlkampf« vor. Für die CDU hatte dieser bereits im Zuge der Kreditaffäre um den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff begonnen. Insbesondere zwischen CDU und Grünen ist seither die Stimmung abgekühlt. Entscheidend für die Landes-CDU ist die FDP. Die Freidemokraten im Land machen sich nach den jüngsten Wahlergebnissen in Düsseldorf und Kiel Hoffnung auf den Wiedereinzug in den Landtag - trotz schlechter Umfragewerte. Im Wahlkampf wollen sie mit einem klaren Bekenntnis zur CDU punkten. Umso empörter war die Partei über die jüngste Äußerung von CDU-Landeschef McAllister, der sich auch Gespräche mit SPD und Grünen vorstellen kann, sollte die FDP aus dem Landtag fliegen. FDP-Bundeschef Philipp Rösler fordert daher ein klares Bekenntnis von McAllister, die »erfolgreiche gemeinsame Arbeit« fortzusetzen.

Anders als mancher Politiker sieht der Politologe Woyke keine wirklich große Bedeutung der Landtagswahl für den Bund: »Natürlich ist die Niedersachsen-Wahl der Auftakt in das wichtige Wahljahr und lässt aufhorchen, wie sich die Parteien für die Bundestagswahl aufstellen.« Die Ergebnisse seien aber weder erste Trends noch eine verlässliche Tendenz für Berlin. »Bis zur Bundestagswahl ist dann noch eine lange Zeit, da kann und wird viel passieren.«

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