Jubiläum einer Schande

  • Barbara Reitter
  • Lesedauer: 2 Min.

Hitler bekam es in Gold - dem heutigen Besucher präsentiert es sich in weißer Schokolade. Die Rede ist vom Modell des Hauses der Kunst in München. Die goldene Variante war ein Geschenk von Göring zu Hitlers 50. Geburtstag. Die verführerische Ausführung in Schokolade steht im Zentrum einer Ausstellung - dank der spannungsvollen Interventionen und ironischen Inszenierungen des Schweizer Konzept-Künstlers Christian Philipp Müller keine trockene Rekapitulation düsterer Historie.

Die Ausstellung »Geschichten im Konflikt: Das Haus der Kunst und der ideologische Gebrauch von Kunst 1937-1955« ist durch ein Jubiläumsjahr motiviert: 75 Jahre besteht die Kunstinstitution. Das Haus sollte nach Hitlers Wunsch einen »Tempel deutscher Kunst« darstellen, dessen Exponate sich am Geschmack des Volkes orientierten. Deshalb verkörperten auch die alljährlich in einer repräsentativen Verkaufsschau ausgestellten »Werke« das Gegenteil dessen, was die Nazis auf ihrer Feme-Veranstaltung »Entartete Kunst« öffentlichem Gespött überließen.

Sechs Stationen zeigen Gemälde und Skulpturen, Fotografien und Dokumente, Modelle und Pläne, aber auch eine Toncollage beschwört den (Un)Geist der Zeit herauf. In einem Saal im Obergeschoss des Museums sind jene Bilder zu sehen, die dem Geschmack der Nazi-Führung entsprachen - darunter Adolf Zieglers berühmte »Vier Elemente« mit dem Vermerk »Unverkäuflich« auf der Rückseite neben Seestücken, Tierdarstellungen und bäuerlichen Genreszenen. Ihnen entgegengestellt sind exemplarische Werke jener Künstler, die unter das Verdikt »entartet« fielen: Beckmann, Belling, Dix, Klee, Marc und viele andere.

Nach dem Krieg wurde das Museum kurze Zeit von den US-Amerikanern als Casino und Sportplatz verwendet - ein Baseball-Saal im ersten Stock erinnert daran - fanden hier wieder Kunstausstellungen statt. Barbara Reitter

Bis 13. Januar 2013

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