Menetekel

Standpunkt von Kurt Stenger

  • Lesedauer: 2 Min.

Der Daumen der Oberfinanzaufseher im Auftrag der Großanleger geht für Deutschland noch nicht nach unten - seit gestern zeigt er aber auch nicht mehr nach oben. Das Gebaren der Ratingagentur Moody's ist auf den ersten Blick erstaunlich: Die bundesrepublikanische Wirtschaft steht in der EU bestens da, und der hiesige Fiskus hat wie kein zweiter von der Eurokrise profitiert - durch üppige Zinszahlungen aus Athen für die Hilfskredite und vor allem durch die rekordverdächtig niedrigen Zinsen, die der Staat den Anlegern derzeit bieten kann.

Doch mit dem Infragestellen des »Triple A« legt Moody's den Finger in die offene Wunde des kleinen Konjunktur- und Finanzwunders. Sollte die Krise etwa durch einen Staatsbankrott Griechenlands samt Euro-Austritt oder durch Hilfsanträge aus Spanien und Italien endgültig aus dem Ruder laufen, kann es mit der bundesdeutschen Niedrigzins-Herrlichkeit rasch vorbei sein. In den letzten Jahren gab es zahllose Beispiele, wie plötzlich die Stimmung an den Finanzmärkten kippen kann. Und eine globale Rezession im Gefolge des Eurodesasters würde gerade die exportlastige deutsche Wirtschaft hart treffen.

Unter dem Merkel'schen Krisenmanagement hat der deutsche Staat seit dem Jahr 2008 gewaltige Risiken für strauchelnde Banken und Staaten übernommen, wofür der Fiskus niemals zur Gänze geradestehen könnte. Diese Gefahr ist bislang nur theoretischer Natur. Aber die Gedankenspiele von Moody's können durchaus als Warnung oder sogar als Menetekel gesehen werden.

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