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Hinter den Fenstern

Petra Tschörtner

  • Martin Mund
  • Lesedauer: 2 Min.

Ihre Filme waren lakonische, unpathetische Studien von Menschen und Dingen jenseits der Schlagzeilen. DEFA-Dokumentaristin Petra Tschörtner, geboren 1958 in Babelsberg, ließ sich oft über Wochen auf ihre Partner vor der Kamera ein, wusste um deren Lebensumstände, die Freuden und Betrübnisse, lange bevor der erste Drehtag kam.

In »Hinter den Fenstern« (1983), ihrem Diplomfilm, befragte sie junge Paare in einem Potsdamer Neubaublock: Besonders die Frauen reflektierten offen über ihre erstarrten Ehen, die allzu frühe Agonie. In »Unsere alten Tage« (1989) folgte der ungeschminkte Blick auf Bewohner eines Feierabendheims: ein Film über die Einsamkeit älterer Leute, wenn der Kontakt zur Umwelt, auch zu eigenen Kindern, immer brüchiger wird.

Petra Tschörtner hatte beim DEFA-Spielfilm volontiert, war dann zum Dokumentarfilm gekommen. Am Ende der DDR zählte sie zu den großen Hoffnungen des ostdeutschen Kinos, auf Augenhöhe mit Freunden wie Helke Misselwitz oder Thomas Heise. In »Berlin - Prenzlauer Berg« (1990) hielt sie die Atmosphäre der Monate Mai und Juni seismographisch fest: vom wütenden »We need Revolution«, das die Undergroundband »Herbst in Peking« inmitten der Mauertrümmer intonierte, bis zur Währungsunion. In »Marmor, Stein und Eisen« (1993) fragte sie nach Auf- und Abbrüchen im Leben ihrer einstigen Kommilitonen an der Babelsberger Filmhochschule.

Später arbeitete sie oft als Regieassistentin, denn, wie sie bescheiden meinte: »Ich habe im Moment nicht so viel zu sagen, dass ich nun alle halbe Jahre einen großen Film machen muss.« - Am Mittwoch ist Petra Tschörtner nach langer Krankheit in Berlin verstorben.

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