Koblenzer Drahtseilakt

Ein Jahr nach der Buga 2011 fällt die Bilanz am Veranstaltungsort gemischt aus

  • Johannes Barthel, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Im vergangenen Jahr hieß es in Koblenz: »2011 ist unser Sommer«, die Bundesgartenschau bestimmte das Bild. Nachhaltig sollte die Schau sein - doch was ist geblieben, ein Jahr nach dem Großereignis?

Koblenz. Vor etwa einem Jahr war Halbzeit bei der Bundesgartenschau in Koblenz. Das Motto lautete »Koblenz verwandelt«. Und nach Meinung einiger Verantwortlicher hat sich die Stadt durch das Event auch tatsächlich gewandelt. Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig (SPD) bezeichnet die Buga, für die die Stadt rund 24 Millionen Euro ausgab, als »die beste Investition in die Zukunft, die man sich vorstellen kann«. Dennoch bleiben offene Fragen, etwa mit Blick auf die weitere Nutzung der Buga-Flächen. Deutlich sichtbar wird der Buga-Effekt abseits der Innenstadt, auf der anderen Rheinseite. »Die Festung Ehrenbreitstein, zweitgrößte erhaltene Wehrfestung Europas, ist ein bedeutendes Monument, das durch die Buga endlich die verdiente Aufmerksamkeit bekommen hat«, sagt Hofmann-Göttig.

Die Festung profitierte von den Investitionen im Zuge der Buga in erheblichem Maße: Gebäude wurden renoviert, neue gastronomische Betriebe, Veranstaltungsflächen und Ausstellungsräume eingerichtet. Private Veranstalter aus Koblenz erfüllen seit diesem Jahr die auf Vordermann gebrachte Festung mit kulturellem Leben.

Auch der Festungspark bekam während der Schau ein neues Gesicht. Doch gerade dort, wo im vergangenen Jahr noch Blumen blühten, sieht es heute eher kahl aus. Für den Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Koblenz, Egbert Bialk, wird deutlich, dass das Fällen zahlreicher alter Bäume vor der Buga ein Fehler war. Insofern zieht Bialk ein gemischtes Fazit: »Aus touristischer Perspektive ist die Bundesgartenschau sicher ein Erfolg für Koblenz. Ökologisch gesehen müssen die Wunden aber erst einmal verheilen.« Stadtoberhaupt Hofmann-Göttig ist dagegen vom nachhaltigen Erfolg überzeugt: »Koblenz kommt völlig verwandelt daher und ist in aller Munde. Auch für 2012 erwarten wir deutliche Zuwächse im Tourismus im Vergleich zu vorher.«

Zahlen von Koblenz Touristik bestätigen dies: So waren Anfang Juli dieses Jahres fast 900 Stadtführungen mehr gebucht als zur gleichen Zeit im Jahr 2009, dem Vergleichsjahr vor den Buga-Bauarbeiten. Die Zahl angemeldeter Schiffe lag Anfang Juli sogar höher als im eigentlichen Buga-Jahr 2011. Alles deutet also darauf hin, dass sich der Tourismus in der Rhein-Mosel-Stadt zumindest kurzfristig stark belebt.

Entscheidend für die Nachhaltigkeit dürfte ein neues Wahrzeichen von Koblenz werden: Die 2010 eröffnete Seilbahn über den Rhein zur Anbindung der Festung Ehrenbreitstein war nicht nur während der Schau eine der Hauptattraktionen. Der grüne Landtagsabgeordnete Nils Wiechmann aus Koblenz meint hierzu: »Wenn sich die Seilbahn auch in diesem Jahr wirtschaftlich rechnet und die Welterbe-Verträglichkeit gesichert ist, dann sollte sie als tolles Aushängeschild unserer Stadt unbedingt privat weiter betrieben werden.«

Ob sich die Bahn jedoch mit dem Welterbe-Statuts der Region verträgt, steht noch in den Sternen. Für den Herbst hat sich eine Delegation der UNESCO angekündigt. Oberbürgermeister Hofmann-Göttig sagt: »Wegen, nicht trotz des Welterbes muss die Seilbahn bleiben.«

Eine Entscheidung wird frühestens Ende 2012 fallen, wenn verlässliche Zahlen zur Nutzung der Bahn vorliegen. Ob es für einen Weiterbetrieb reicht, wird sich zeigen. Zudem gibt es Unsicherheiten jenseits des rein Wirtschaflichen. So hat der BUND bereits angekündigt, bei einem längerfristigen Betrieb der Seilbahn wegen Bedenken beim Denkmal- und Hochwasserschutz rechtliche Schritte zu prüfen.

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