Ein lupenreiner Nationalist

Der in Russland angeklagte Blogger Alexej Nawalny hat in Deutschland viele Fans

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Politiker von Union und Grünen haben heftige Kritik an dem Umgang der russischen Justiz mit dem Blogger Alexej Nawalny geübt. Dass dieser den rechtsextremen Nationalisten nahe steht, stört sie offenbar nicht.

Infolge der zunehmenden Gängelung der russischen Opposition durch die Regierung ist Anfang dieser Woche Anklage gegen Alexej Nawalny erhoben worden. Der 36-jährige Oppositionelle wird beschuldigt, zwischen April und August 2009 als Berater des Gouverneurs den staatlichen Holzbetrieb Kirowles um etwa 16 Millionen Rubel (400 000 Euro) geschädigt zu haben. Die Vorwürfe sind nicht neu. Die Ermittlungen gegen ihn wurden schon 2010 aufgenommen und im Januar 2011 wegen Mangels an Beweisen zwischenzeitlich eingestellt.

Für viele Medien ist das Vorgehen der Justiz gegen Nawalny, dem bis zu zehn Jahre Haft drohen könnten, ein gefundenes Fressen, um gegen den ungeliebten Präsidenten Wladimir Putin Stimmung zu machen. So titelte etwa Spiegel online: »Russland klagt Anti-Putin-Blogger an.« Und die »Süddeutsche Zeitung« vermutete: »Sicher kann es Zufall sein, dass nun der Prozess gegen Pussy Riot begann und zeitgleich Anklage gegen Nawalny erhoben wurde, da viele Russen auf ihren Datschen urlauben. Doch tatsächlich dürfte der Zeitpunkt Kalkül sein.« Deutlicher wurde die »tageszeitung«, die befürchtete, Putin könnte einen »Zermürbungskrieg gegen die Opposition« eröffnet haben.

In der deutschen Berichterstattung wird Nawalny oft als Bürgerrechtler dargestellt, weil er in der Vergangenheit vermeintliche oder tatsächliche Machenschaften der korrupten Machtelite aufgedeckt hat. Dass er sich öffentlichkeitswirksam als Opfer russischer Polizeiwillkür inszeniert, indem er seine Festnahmen bei nicht genehmigten Demonstrationen provoziert, wird hingegen kaum kritisch hinterfragt.

Zu Nawalnys Fangemeinde zählt hierzulande auch die menschenrechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion und notorische Geschichtsrevisionistin, Erika Steinbach. »Mit der Anklage gegen Nawalny gerät ein weiterer bekannter Gegner Putins ins Visier. Mit der Verhaftung dutzender Oppositioneller in Moskau und St. Petersburg macht sich die russische Justiz erneut zum Büttel und Komplizen der Regierung«, ließ die Konservative jüngst verlautbaren. Auch der einstige DDR-Bürgerrechtler und heutige Grünen-Europaabgerodnete Werner Schulz meldete sich zu Wort. Er warf der russischen Regierung vor, sie wolle durch »Verfahren gegen zahlreiche Demonstranten« die Opposition mundtot machen.

In diesen Solidaritätsbekundungen wird allerdings verschwiegen, dass Nawalny eine zwielichtige Person ist. Nach einigen Jahren Mitgliedschaft in der sozialliberalen Jabloko-Partei wurde er im Jahr 2007 nach internen Differenzen ausgeschlossen. Seitdem hat sich der Jurist dem rechten Spektrum angenähert. Laut Bundeszentrale für politische Bildung ist er »ein radikaler russischer Nationalist«, der als Aktivist der Bewegung Narod (Nationale russische Befreiungsbewegung) versuche, nationalistische und liberale Ansätze zu verbinden.

Der Verfechter eines liberaleren Waffengesetzes forderte vergangenes Jahr, »militante Kaukasier« mit der Pistole zu bekämpfen. Im Herbst trat er beim »Russischen Marsch« vor schwarz-gelb-weißen Zarenflaggen schwenkenden Rechtsextremisten als Volkstribun auf und wetterte dort gegen die Oligarchen. Nawalny beendete seine Rede mit dem Nationalisten-Gruß »Es lebe Russland«.

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