Die Lage ist nicht rosig

Vermittlung der ehemaligen Schlecker-Beschäftigten läuft nur schleppend

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.
In zwei Wellen wurde den Beschäftigten des Konkurs gegangenen Schlecker-Unternehmens gekündigt. In Berlin wurden im März und Juni über 700 Angestellte entlassen, insgesamt haben grade mal rund 22 Prozent wieder einen neuen Job. Von der zweiten Welle sind 379 MitarbeiterInnen betroffen, davon haben bisher 27 Frauen wieder eine Beschäftigung. 22 beispielsweise haben einen Job, dessen Lohn jedoch nicht für den Lebensunterhalt ausreicht.

In zwei Wellen wurde den Beschäftigten des Konkurs gegangenen Schlecker-Unternehmens gekündigt. In Berlin wurden im März und Juni über 700 Angestellte entlassen. Rund 40 Prozent der von der ersten Entlassungswelle betroffenen 335 Verkäuferinnen seien nicht mehr arbeitslos gemeldet, hatte Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) im Juni mitgeteilt. Von der zweiten Welle sind jedoch 379 weitere MitarbeiterInnen betroffen.

Davon haben laut Arbeitssenat bisher 27 Frauen (7 Prozent) wieder eine Beschäftigung, 280 würden von der Bundesagentur für Arbeit »betreut«. 22 davon beispielsweise haben einen Job, dessen Lohn jedoch nicht für den Lebensunterhalt ausreicht. Über 200 dieser Frauen sind demnach zwischen 25 und 49 Jahre alt. »Uns wurde gesagt, diese zweite Welle betreffe viel mehr Teilzeitkräfte«, so eine Sprecherin des Senats für Arbeit und Soziales. »In Wirklichkeit waren rund 240 davon Vollzeitkräfte und 236 haben eine abgeschlossene Berufsausbildung.«

Aus der zweiten Kündigungswelle seien mittlerweile 306 arbeitslos gemeldet, so Janet Dumann, ver.di-Gewerkschaftssekretärin im Fachbereich Handel. »Die Jobs, die da waren, sind weg.« Von den 361 im Frühjahr arbeitslos Gemeldeten seien 138 vermittelt, 113 befänden sich in Maßnahmen. Auch hier würden damit jedoch die Zahlen geschönt, »in Maßnahme« sei schließlich keine neue Anstellung.

Beim Handelsverband Berlin-Brandenburg kann man diese Haltung nicht nachvollziehen. »Ich weiß nicht, woher ver.di diese Informationen hat«, sagte Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen zu der Gewerkschaftsauskunft, es gäbe keine Jobs mehr. Die Chancen stünden nach wie vor gut, im städtischen sicher besser als im ländlichen Gebiet. »Die Lage ist natürlich nicht rosig, aber es gibt immer noch Anfragen am Markt«, so Busch-Petersen.

Bundesweit hat nur jede fünfte der gut 22 000 arbeitslosen Schlecker-Frauen wieder einen Job. Insgesamt seien mehr als 4500 ehemalige Beschäftigte der insolventen Drogeriemarktkette wieder in Lohn und Brot, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag. Rund 1600 Frauen haben sich aus anderen Gründen wie Elternzeit, Rente oder Krankheit bei den Arbeitsagenturen wieder abgemeldet.

Während der zweiten bundesweiten Entlassungswelle lag die Quote der Weitervermittlung etwa bei 15 Prozent, wobei es regionale Unterschiede gibt, wie Bernhard Franke, ver.di-Bezirksleiter in Baden-Württemberg, kürzlich gegenüber »nd« sagte. Demnach sehe es in Bayern und Baden-Württemberg etwas besser aus als in anderen Bundesländern. Die Entwicklung strafe jedenfalls die Bundesagentur für Arbeit Lügen, die noch im März gesagt hatte, der Einzelhandel sei eine dynamische Branche und das sei alles kein Problem. »Die Bundesagentur muss inzwischen einräumen, dass 300 000 arbeitslosen Verkäufern ganze 25 000 offene Stellen gegenüber stehen.«

Die aufgrund der Schleckerinsolvenz ins Leben gerufene Berliner Gesprächsrunde, die sich mit der allgemeinen Arbeitsmarktsituation befasst und angesichts drohender Insolvenzen am Berliner Arbeitsmarkt nach Lösungen suchen soll, trifft sich wieder Ende August. Mit am Tisch sitzen dabei unter anderem die Bundesarbeitsagentur, Gewerkschaften, der Handelsverband und der Senat.

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